70 Jahre ŠKODA 1200: Ganzstahlkarosserie aus dem Windkanal

Mladá Boleslav, 21. Juli 2022 – Vor 70 Jahren begann in Mladá Boleslav die Fertigung des ŠKODA 1200 „Sedan“ mit Ganzstahlkarosserie. Dieser technologische Fortschritt ermöglichte eine effiziente Großserienproduktion. Zusätzlich erlaubte die Karosserie eine Vergrößerung des Innenraums sowie eine Verbesserung der passiven Sicherheit bei gleichzeitiger Reduzierung des Fahrzeuggewichts. Die Ponton-Karosserie des „Sedan“ war eine der ersten in der Tschechoslowakei, die im Windkanal optimiert wurden.

Das erste Automobil aus Mladá Boleslav, das jemals vom Team des Technikers Václav Laurin entwickelt wurde, stellte die Marke Laurin & Klement bereits 1905 der Öffentlichkeit vor. Die legendäre L&K VOITURETTE A bot eine offene Holzkarosserie, hatte allerdings keine Windschutzscheibe und keine Türen. Später wurden manuell geformte Blechteile mit kleinen Nägeln an einem Holzgestell befestigt. Dieses Verfahren wurde in der Automobilindustrie auch ein halbes Jahrhundert später noch verwendet.

Am 11. Juli 1952 kam es zu einer großen Veränderung in der Fertigungstechnologie. Durch den Umstieg von Holz‑ auf Metallkarosserien mussten die Schreiner, die für den Bau der Holzgestelle für die Karosserien zuständig waren, auf die Herstellung von Transportkisten für den Fahrzeugexport umsteigen. Der neue ŠKODA 1200 „Sedan“ war das erste Modell mit einer Ganzstahlkonstruktion in Ponton-Form mit integrierten Kotflügeln. Das ermöglichte eine effizientere Nutzung des Innenraums und erhöhte die passive Sicherheit. Die glatten, abgerundeten Flächen erleichterten darüber hinaus die Pflege des Fahrzeugs.

Foto: ŠKODA Auto

Die Entwicklung des neuen ŠKODA-Modells begann bereits 1948, der erste Prototyp entstand ein Jahr später. Schon bald folgten weitere Ausführungen, wie etwa der variable STW (Station Wagon) mit umklappbarer Rückbank. Auch ein Prototyp mit offener Karosserie wurde entwickelt.

Der ŠKODA 1200 „Sedan“ war eine Weiterentwicklung des Fahrwerkkonzepts mit Zentralrohrrahmen. Dieser war vorne gegabelt und konnte so den Ottomotor mit OHV-Ventilsteuerung und weitere innovative Komponenten wie zum Beispiel nasse Zylinderlaufbuchsen aufnehmen. Über ein synchronisiertes Vierganggetriebe wurden die einzeln aufgehängten Hinterräder angetrieben, der Wagen erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von 105 km/h bei einem Verbrauch von 10 Litern auf 100 Kilometer.

Der Vater des „Sedan“

Zu den wichtigsten Personen im Bereich des Karosseriebaus zählte zu dieser Zeit Josef Velebný (1906-1989). Er arbeitete bereits seit 1925 im Automobilwerk in Mladá Boleslav und leitete ab 1946 die Abteilung Karosseriekonstruktion. In dieser Zeit begann auch die systematische Forschung und Entwicklung auf dem Feld der aerodynamischen Optimierung. Auf diese Weise stieg die Höchstgeschwindigkeit der Fahrzeuge bei gleichzeitig sinkendem Kraftstoffverbrauch. Zudem waren die Fahrzeuge leiser und die Karosserie wurde während der Fahrt weniger verschmutzt. Die Forschung stützte sich damals auf Messungen an Holzmodellen im Maßstab 1:5 und 1:10 im Windkanal mit einem Durchmesser von 1,8 Metern. Über eine solche Anlage verfügte damals nur die Forschungs- und Prüfanstalt für Luftfahrt in Prag-Letňany. ŠKODA testete zunächst die Modelle ŠKODA 1101/1102 „Tudor“, das Hauptaugenmerk lag allerdings auf dem ŠKODA 1200.

Foto: ŠKODA Auto

Durch die neue Karosserie profitierte das Fahrzeug von einem niedrigen Leergewicht von nur 1.050 Kilogramm –das entsprach etwa dem Gewicht des älteren, deutlich kleineren Modells ŠKODA RAPID OHV. Der Fünfsitzer „Sedan“ verfügte über einen getrennten Kofferraum mit separat zugänglichem Reserverad und damals obligatorischem Werkzeugsatz. Die vier Türen verdeckten auch die Schweller, damit die Kleidung der Insassen beim Ein- und Aussteigen nicht schmutzig wurde. Zur Verbesserung der aktiven Sicherheit trug unter anderem der an der Lenksäule angebrachte Schalthebel bei. Der Fahrer musste beim Gangwechsel nur kurz die Hand vom Lenkrad nehmen und profitierte durch den wegfallenden Schalthebel im Mitteltunnel gleichzeitig von einer größeren Beinfreiheit.

Die Vorzüge der Ganzstahlkarosserie zeigten sich nicht nur bei der Variante mit Stufenheck, sondern auch bei den leichten Nutzfahrzeugen. Deren Produktion begann im Jahr 1952 im Werk Vrchlabí. Im Werk Kvasiny wurden die Krankenwagen-Versionen gebaut, in denen neben der Besatzung auch zwei Liegen Platz fanden. Anfang 1953 erweiterte der praktische Kombi ŠKODA 1200 STW mit einteiliger, seitlich öffnender Hecktür das Angebot. Einige der umklappbaren Sitze waren zugunsten einer steiferen Karosserie nur von der rechten Fahrzeugseite zugänglich. In seiner zweisitzigen Ausführung bot der Kombi eine 1.750 mm lange und 1.380 mm breite Ladefläche, die zwischen den Radhäusern 990 mm breit war.

Foto: ŠKODA Auto

Der ŠKODA 1200 „Sedan“ wurde fortlaufend modernisiert. Dank der Anpassungen wurde die Karosseriefestigkeit optimiert und die Innenraumgeräusche wurden reduziert. Zu den Neuerungen zählten auch die Blinker, sie lösten die früheren Winker ab. Anfang 1956 lief die Produktion des modernisierten Modells ŠKODA 1201 mit leistungsstärkerem Motor an, die Leistung lag bei 45 PS (33,1 kW) bei 4.200 U/min. Die Produktion der Baureihe 1200/1201 endete im Herbst 1961 nach 67.071 produzierten Fahrzeugen, davon rund 27.000 mit Stufenheckkarosserie und rund 15.000 Kombis, die verbleibenden Einheiten entfielen auf die Nutzfahrzeug‑Versionen.

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