- Hans Weber
- November 1, 2024
Als der DDR-Botschafter Mittagspause in der Sauna machte
Unsere Redaktion durfte neulich eine kleine, private Führung durch das Goethe-Institut Prag erleben – das Gebäude der ehemaligen Botschaft der DDR. Unsere Landesbloggerin Jasmin hat am meisten die Sauna im Keller beeindruckt.
Auf den ersten Blick erinnert die ehemalige Botschaft der Deutschen Demokratischen Republik in Prag so gar nicht an das Land selbst – statt kastenförmigen Gebäuden aus grauen Betonplatten zieren Säulen und sieben Arten von Marmor die hohe Eingangshalle. Gebaut wurde das Haus im Jahr 1905 von der ersten böhmischen Rückversicherungsbank. In der Nachkriegszeit wurde es kurzzeitig der Standort der Bulgarischen Botschaft in Prag. Da die DDR jedoch einen weitaus wichtigeren Bündnispartner der damaligen Regierung darstellte, zog deren Botschaft 1949 ins Haus und die beiden Nachbargebäude ein. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde es die Adresse des Goethe-Instituts Prag, das hier bis heute arbeitet. Dort gibt es seit September und noch bis Februar eine Veranstaltungsreihe zur DDR. Wir durften als Redaktion eine kleine Führung mit Tomáš Moravec durch das historische, gut erhaltene Gebäude erleben.
Das edle Gebäude
Wir fuhren mit dem gläsernen Fahrstuhl in die oberen Stockwerke, besuchten die Bibliothek des Instituts und standen im ehemaligen Botschafterbüro. Hier hingen schon erste Bilder für die kommende Ausstellung: Sie stammen aus dem Stasi-Archiv. Einige zeigen ein und denselben Mann, immer in einer anderen Verkleidung – Fotos aus einem Lehrbuch für angehende Spione. In einem weiteren Rahmen waren viele kleine Polaroid-Bilder, auf denen man eingerichtete Wohnräume sah. Von selbst wäre ich nicht darauf gekommen, was genau mir diese Fotos sagen sollten. Waren das Fotos von Behausungen der Stasi-Mitarbeiter? Schließlich wurde uns erklärt, dass die Stasi Fotos machte, bevor sie heimlich Wohnungen durchsuchte. So konnte sie am Ende alles genau so zurücklegen, wie sie es vorgefunden hatte und würde unbemerkt davonkommen. Diese Geschichte ließ mich mit einem flauen Gefühl im Magen zurück.
Die Sauna unter Denkmalschutz
Die größte Überraschung wartete aber im Keller auf uns. Im Vergleich zur verzierten Treppe und den hohen Fenstern der oberen Stockwerke mit Blick auf die Moldau war der Kellergang sehr klein und grau. Gegen Ende sah ich an einer Tür zu meiner Rechten das Schild „Umkleidekabine“. Das konnte ich mir wieder nur sehr schwer erklären. Die Lösung sollte aber wenig später folgen: Am Ende des Flurs stand tatsächlich das Wort „Sauna“ an der Tür.
Das fand ich sehr amüsant. Aber auch nicht verkehrt. Es kann sicher gut tun, an einem langen Arbeitstag hier eine entspannende Mittagspause zu verbringen. Als wir hineingingen, sah ich zuerst eine Wanne, wohl um sich nach dem Saunieren abzukühlen. Als nächstes folgte die eigentliche Sauna und schließlich noch ein Ruheraum. Hier herrschte eine ganz andere Atmosphäre als im kühlen Flur zuvor. Die Wände waren mit Holz vertäfelt, es standen einige Liegen im kleinen Raum, ebenfalls aus Holz, und durch ein Buntglasfenster schien gedimmtes Licht hinein. Das Fenster sowie ein Kunstwerk an der Wand zeigten leicht obszöne Szenen nackter Menschen.
Diese Sauna wurde im Haus eingebaut, als die Botschaft der DDR hier arbeitete. Allerdings ist sie auch heute noch intakt, auch wenn das wohl nur sehr wenig genutzt wird, wie uns berichtet wurde. Jedoch ist es die einzige Sauna, die ich bisher gesehen habe, die tatsächlich unter Denkmalschutz steht.
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