Das große Wagnis sudetendeutscher Fallschirmspringer

Vor 80 Jahren startete von London aus eine geheime Mission mit dem Ziel, Fallschirmspringer über dem Sudetenland abzuwerfen, um die Menschen dort zum Aufstand gegen die Nazis zu bewegen.  

Als das Ende des Zweiten Weltkriegs näher rückte, wurden auch die Pläne der tschechoslowakischen Exilregierung unter Edvard Beneš konkreter. In Abstimmung mit den Alliierten zielten diese darauf ab, einen Großteil der Sudetendeutschen aus dem Land zu vertreiben. Wenzel Jaksch, der Anführer der Exilorganisation „Treuegemeinschaft sudetendeutscher Sozialdemokraten“, erkannte dies bereits in der ersten Hälfte des Jahres 1944. Ihm war bewusst, dass ein deutliches Zeichen gesetzt werden müsse, dass nicht alle Sudetendeutschen fanatische Anhänger der Nazi-Ideologie waren, um somit schließlich das drohende Schicksal ihrer Vertreibung abzuwenden.

Der Versuch einer Warnung

Dazu beauftragte er Albert Exler, Otto Pichl und Ernst Hofmann mit der Aufgabe, ins Sudetenland zurückzukehren. Dort sollten sie mit einflussreichen Personen sprechen und vor den Vertreibungsplänen warnen. Auf der Liste der Gesprächspartner standen unter anderem Namen wie der Nationaldemokrat Lodgman von Auen oder der fanatische Nationalsozialist Hans Krebs, der aber sudetendeutscher Herkunft war. Zudem sollten sie Leopold Pölzl, den ehemaligen sozialdemokratischen Bürgermeister von Aussig an der Elbe (Ustí nad Labem), suchen.

Albert Exler, selbst Sozialdemokrat, war im Kampf erprobt. Nach dem Anschluss der Sudetengebiete an das Dritte Reich 1938 gelang ihm die Flucht zunächst mit einer kleinen Gruppe nach Finnland, wo er sich später der finnischen Armee anschloss, um das Land gegen die Sowjetunion zu verteidigen. Als die Flüchtlinge in Finnland zusehends kritisch gesehen wurden, ging die Gruppe nach Schweden. Während dieser Zeit standen sie in Kontakt mit der Führung der Exilorganisation unter Wenzel Jaksch in London.

Riskante Mission

Ein Proträt von Erna Haberzettl.
Foto: Seliger Gemeinde

Der Absprung über dem Sudetenland erfolgte in der Nacht zum 4. Mai 1944. Exler beschrieb diese Aktion später als großes Wagnis. Wie riskant es war, zeigte sich vor allem daran, dass sowohl Otto Pichl als auch Ernst Hofmann direkt nach ihrer Landung von den Nazis aufgespürt worden sind. Pichl wählte in diesem Augenblick den Freitod. Hofmann wurde vor Gericht gestellt, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Auch wenn Exler zunächst entkommen konnte, kam keines der geplanten Gespräche zustande. Er überlebte die Mission am Ende nur, weil er von der Sozialdemokratin Erna Haberzettl in Wien versteckt wurde. Als auch dieses Versteck aufflog, wählte Haberzettl den Freitod. Exler entging der Hinrichtung, weil er wenige Stunden vor Kriegsende seine Wärter im Gefängnis Leitmeritz von der Sinnlosigkeit einer Vollstreckung des Urteils überzeugen konnte.

Nach dem Krieg war Albert Exler in der Presseabteilung der SPD in Bonn tätig. 1966 erschienen seine Erinnerungen an die Fallschirmspringermission, die aber über die Jahrzehnte in Vergessenheit geraten sind. In den letzten Jahren wurde diese Geschichte jedoch wiederentdeckt, und so hat der Journalist Tomáš Lindner sie für ein tschechischsprachiges Publikum aufbereitet. Auch wurden die Erinnerungen von Albert Exler im Magazin Listy auf Tschechisch veröffentlicht.

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