- Hans Weber
- November 1, 2024
Das Tor Zum Böhmerwald Im Schnee
Verwinkelte Gässchen, historische Bauten, ein imposantes Schloss über dem Moldau-Mäander und ein idyllisches (und hier schneebedecktes) Panorama – das ist Böhmisch Krumau (Český Krumlov). Unsere Landesbloggerin Magdalena unternahm zum ersten Schneefall in diesem Jahr einen Ausflug in das kleine Städtchen.
Böhmisch Krumau liegt in Südböhmen, am Dreiländereck zwischen Deutschland, Österreich und Tschechien. Die kleine Stadt trennen rund 60 Kilometer von der österreichischen Stadt Linz und 25 Kilometer von Budweis (České Budějovice), der größten Stadt Südböhmens. Auch Passau – meine Heimatstadt – ist von dort in rund zwei Autostunden erreichbar.
Der Name des Städtchens leitet sich übrigens vom deutschen Ausdruck „Krumme Au“ ab. Es liegt nämlich auf einer Höhe von 509 Metern über dem Meeresspiegel am Ufer der Moldau, die hier eine Flussschleife bildet.
Friedvolle Ruhe in einer Touristenhochburg
Die Schönheit Böhmisch Krumaus ist kein Geheimnis: Viele internationale Touristen besuchen den Ort auf ihrer Reise durch Europa. Vor allem im Sommer wird die Stadt buchstäblich überrannt. Fast zwei Millionen Touristen kommen pro Jahr in die Stadt, welche offiziell nur 13.000 Einwohner hat. Das liegt nicht nur an der historischen Altstadt, die seit 1992 als Kulturdenkmal auf der Liste des UNESCO-Welterbes geführt wird, sondern auch an den vielen Konzerten, Musikfestivals und Theateraufführungen sowie den zahlreichen Bierstuben, Cafés und mittelalterlichen Gasthäusern.
Am Tag meines Kurztrips jedoch waren der Jahreszeit geschuldet nur wenig Touristen unterwegs und so konnte ich in Böhmisch Krumau dem Lärm und dem Treiben Prags entfliehen und den ersten Schneefall während meiner Zeit hier in Tschechien genießen.
Nur wenige Touristen genossen den Ausblick auf die Altstadt. Foto: Magdalena Moser
Atemberaubender Ausblick vom Schlossturm
Von der Bushaltestelle machte ich mich bei ununterbrochenem Schneefall zunächst auf zum Schloss von Böhmisch Krumau – nach der Prager Burg der zweitgrößte historische Bau in Tschechien mit einer Gesamtfläche von zehn Hektar. Die Burg ist teils mittelalterliche Festung, teils Schloss und liegt malerisch auf einem Berg, der die Stadt überblickt. Schon von Weitem sieht man den imposanten Schlossturm.
Der Turm des Schlosses Krumau ragt zwischen schneebedeckten Bäumen hervor. Foto: Magdalena Moser
Als Erstes überquerte ich den Burggraben, Heimat der Braunbären Maria Theresia, Polyxena und Vilém. Diese hatten sich an diesem frostigen Wochenende in ihrer Höhle versteckt vor den Burgbesuchern verkrochen. Anschließend machte ich einen kurzen Rundgang durch die Ausstellung des Burgmuseums. Sie beherbergt eine reichhaltige Sammlung an antiken Möbeln, flämischen Gobelins, historischen Waffen und eine Gemäldegalerie.
Um einen Rundblick auf das Städtchen und den malerischen Böhmerwald erhaschen zu können, stieg ich die steilen 162 Stufen des walzenförmigen Schlossturms hinauf. Der Schlossturm ist vermutlich das bekannteste Wahrzeichen von Böhmisch Krumau. Das Banner auf der Turmspitze glänzt in einer Höhe von 86 Metern über der Moldau. Im Turm sind vier Glocken angebracht. Die schwerste wiegt 1800 Kilogramm und stammt aus dem Jahr 1406. Die kleinen Glocken, die sogenannten Stundenzimbel, hängen bereits seit 400 Jahren in der Laterne auf Turmspitze. Das Panorama, das mich dort oben erwarte, genoss ich minutenlang, bevor ich wieder den Abstieg über die wirklich sehr engen Treppen wagte.
Spaziergang durch malerische Gässchen
Nach dem Schlossbesuch unternahm ich einen Spaziergang durch die pittoreske Innenstadt, die komplett vom Mäander der Moldau eingeschlossen und mit den übrigen Stadtteilen über drei Brücken verbunden ist. Meine Wanderung durch die kleine südböhmische Stadt fühlte sich an wie eine Reise in eine längst vergangene Zeit.
Die bemalten Häuser, die den quadratischen Marktplatz (náměstí Svornosti) des Städtchens säumen, scheinen wie aus einem Märchen entsprungen zu sein. Man findet hier Häuser aus der Gotik, der Renaissance sowie ein paar aus dem Barock. Erwähnenswert sind auch die breite Frontseite des Renaissance-Rathauses oder der sechsseitige steinerne Brunnen, der im 19. Jahrhundert rund um die Marien-Pestsäule – gebaut 1716 – errichtet wurde.
Die Marien-Pestsäule auf dem Marktplatz. Foto: Magdalena Moser
Auf meinem Weg durch die Gassen warf ich außerdem kurz einen Blick in Pfarrkirche St. Veit (kostel svatého Víta). Diese wurde im 14. Jahrhundert im gotischen Stil erbaut und ist neben dem Schloss Krumau das auffälligste Gebäude der Stadt. Prägendes Symbol der Stadt – die Pfarrkiche St. Veit im morgendlichen Nebel. Foto: Magdalena Moser
Der Hauptaltar der St.-Veits-Kirche wurde zwischen 1673 und 1683 neu geschaffen und die Kirche selbst zwischen 1725 und 1726 barockisiert. Möglicherweise befand sich dort die Plastik der Krumauer Madonna, die seit 1922 im Kunsthistorischen Museum Wien ausgestellt ist.
Die Pfarrkirche wurde wahrscheinlich kurz vor 1317 von Peter I. von Rosenberg gegründet, doch der erste schriftliche Beleg stammt erst aus dem Jahre 1329. Foto: Magdalena Moser
Tschechisches Venedig?
Die Moldau ist natürlich ein beliebter Anziehungspunkt für Einheimische und Touristen. Dementsprechend hoch ist auch die Dichte an Restaurants und Cafés, die sich direkt am Ufer befinden.
Zur Sommerzeit lädt die Moldau in Krumau ein zu einer ruhigen Flussfahrt mit einem historischen Floß, um die Stadt vom Wasser aus zu erkunden. Bei meinem Besuch zur Winterzeit habe ich dieses Abenteuer leider verpasst. Allerdings habe ich nun einen Grund, noch einmal im Sommer nach Böhmisch Krumau zu kommen.
Die Moldau zwischen den Stadtteilen von Krumau. Foto: Magdalena Moser
Der Fluss ist untrennbar mit der Stadt verbunden. Egal, in welche Richtung man geht, das ruhige Rauschen des Wassers ist in Krumau ein ständiger Begleiter für seine Besucher. Hier verspürt man definitiv einen Hauch von Venedig. Nach Böhmisch Krumau, das Tor zum Böhmerwald, kehre ich auf jeden Fall wieder zurück.
Servus und ahoj an alle Leserinnen und Leser des LandesEcho,
mein Name ist Magdalena Moser. Ich komme aus Niederbayern und studiere Governance and Public Policy an der Universität Passau. Im Rahmen meines Studiums mache ich für drei Monate ein Praktikum in der Redaktion von LandesEcho in Prag – in der Hauptstadt bin ich nun zum ersten Mal und werde deshalb in meiner Zeit hier ausgiebig alle Ecken von Prag erkunden.
Ich freue mich schon sehr darauf, in die für mich unbekannte Welt des Journalismus reinschnuppern und meine Erlebnisse im LandesBlog verarbeiten zu dürfen. Darüber hinaus ist mein Praktikum beim LandesEcho eine echte Gelegenheit, die Gesellschaft und Kultur Tschechiens kennenzulernen und mich auf die Spuren der deutschen Minderheit zu begeben. Dabei hoffe ich, zusätzlich meine dürftigen Tschechischkenntnisse aufbessern zu können. Ich bin schon sehr auf die vielen neuen Eindrücke gespannt, die mich in den nächsten Monaten hier erwarten.
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