Der erste heilige Böhme

Der Heilige Prokop ist einer der vielen böhmischen Nationalheiligen, deren Andenken man hierzulande pflegt. Heute, am 25. März, ist sein kirchlicher Feiertag, der an seinen Todestag im Jahr 1053 gedenkt.

Bei einer Jagd war dereinst Herzog Břetislav I. (möglicherweise war es aber auf dessen Vater Herzog Oldřich – da sind sich die Legendenforscher nicht so einig) im Wald auf den frommen und asketischen Einsiedler gestoßen. Der soll zwecks angemessener Bewirtung des hohen Gastes mal eben Wasser in guten Wein verwandelt haben, was einen solchen Eindruck auf den Herrscher machte, dass ab 1032 herzöglicherseits die Gründung des südlich von Prag gelegenen Klosters von Sázava gefördert wurde, dessen erster Abt Prokop nun wurde. Es war das vierte Kloster überhaupt im Lande und lange ein Hort der Schriftkultur des alten Kirchenslawisch, was ihm später einen Platz in der Gemütsgeschichte tschechischer Patrioten sichern sollte. Jedenfalls wirkte Prokop weiter im Sinne des Glaubens. Da das mit dem Wasser zu Wein nicht wirklich neu war (siehe Bibel Johannes 2.1), legte er später noch ein richtig neues Wunder drauf, worauf seine posthume Heiligsprechung im Jahre 1204 fast schon Formsache war. Er war der erste Böhme, der überhaupt in die Reihen der Heiligen eintrat.

Bei diesem Wunder kann man ihn auf dem Schlussstein der Toreinfahrt des Hauses in der Prokopská 295/6, einer engen Nebengasse des Malteserplatzes, in Stein gemeißelt bestaunen (großes Bild oben). Es zeigt ihn, wie er den Teufel, der ihn wohl vom rechten Pfade abbringen wollte, mit einer Kette vor einen Pflug spannt, und mit einem Kruzifix in Schach hält. „Better to reign in Hell, then serve in Heav’n“ war, wenn man dem Dichter John Milton (Paradise Lost I.263) glaubt, das Motto des Satans beim Amtsantritt als Chef in der Hölle. In diesem Licht betrachtet, muss die Art der Behandlung durch den Heiligen Prokop schon ein harter Dämpfer für das Selbsbewusstsein des Teufels gewesen sein…

Das dreistöckige Wohnhaus, auf dem sich das Ganze befindet, trägt den Namen dům U Sixtů (Haus zum Sixtus), auch Sachsenberkovský dům (Sachsenberg-Haus) genannt. Beides bezieht sich wohl auf frühere Besitzer. Es handelt sich um ein Renaissancegebäude aus dem Beginn 17. Jahrhunderts. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde es im Barockstil ein wenig umgearbeitet, wobei die Fassade stärker ornamentiert wurde. Vor allem das in eine schnörkelige Kartusche eingerahmte und leider heute arg verwitterte Wandgemälde der Heiligen Jungfrau Maria stammt aus dieser Zeit. Und wohl auch das Relief des Heiligen Prokop. In den 1930er Jahren gab es anscheinend im Innenhofbereich größere Umbauten zwecks Modernisierung. Vor den Einflüsterungen des Beelzebubs sollte man in diesem Gebäude einigermaßen sicher sein, denn draußen hält ja der gute Prokop seine Kette zwecks Abschreckung bereit. (DD)

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