Die alte Trafostation mit neuer Aufgabe

Prag hat sich in den letzten Jahren zu einem Zentrum moderner/zeitgenössischer Kunst entwickelt, was Museen wie das DOX beweisen. Im Februar 2022 ist noch die Kunsthalle (ja, man benutzt das deutsche Wort!) dazugekommen. Darüber werden wir noch berichten. Schön ist aber, dass damit das Gebäude, in dem sie residiert, wieder in den Mittelpunkt rückt.

Ein Technikdenkmal. das sich harmonisch in die Umgebung einpasst, das ist zweifellos die Zenger Trafostation in der U Bruských kasáren 132/3. Das war auch nötig, denn schon seit 1923 hatten sich die Elektrizitätswerke in Prag bemüht, einen geeigneten Platz für ein Umspannwerk auf der Kleinseite zu finden, um dort nachhaltig die Stromversorgung zu garantieren. Die Stärke der (meist als Starkstrom aus den Kraftwerken kommenden) Elekrizität muss auf die für die Nutzung in Haushalten sinnvolle Stärke herruntergefahren werden und konstant gehalten werden. Und dafür brauchte man die neue Trafo-Anlage.

Mehrere Male scheiterten die Projekte schon im Entwurfstadium, weil hier in der Nähe der Burg strikte Anpassung an das umgebende Stadtbild gefragt war. 1929 wurde endlich die Genehmigung erteilt, auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne die Trafostation zu errichten und der renommierte Architekt Vilém Kvasnička konnte loslegen. In den Jahren 1930 bis 1934 baute er für die Anlage in funktionalistisches Gebäude mit stark klassizistisch geprägter Fassadenstruktur, das dann nach dem berühmten Physiker, Meteorologen und Hochschullehrer Václav Karel Bedřich Zenger (1830-1908) benannt wurde. Der hatte sich u.a. im Jahr 1885 dafür stark gemacht, dass Elektrotechnik zum eigenen Schulfach erhoben werde – ein Projekt, das immer noch der Realisierung harrt.

Das mit wegen der Hanglage unterschiedlichen Seitenrisaliten versehene Gebäude befindet sich dort, wo man von der Kleinseite zur Burg aufsteigt. Der Mittelteil zur Klárov-Straße ist klassizistisch gegliedert und hätte ursprünglich mit Skulpturen auf dem Dach verziert werden sollen, was aber nicht realisiert wurde. Aber skulptural interessant wurden dann immerhin dann doch die Eingänge gestaltet, wie man im Bild links sieht .Zur Straße Straße U Bruské ist die Seitenfassade aus rechteckigen Elementen gestaffelt. Durch dunkle hervorstehende architektonische Steinelemente wird das ansonsten hell verputzte Haus besonders schön strukturiert.

Prag war damals eine der fortschrittlichsten Metropolen Europas und daher war die technische Ausstattung auch auf höchstem Modernitätsniveau. Die Škoda-Werke lieferten sowohl die Stahlteile für die Beton-Konstruktionen, die innen das Bild des Ganzen prägten (außen klassisch, innen progressiv, war die Devise), und die GeneratorenGleichrichterUmrichter und was sonst noch so dafür nötig war. Es war Planung und Durchführung in einem Guss. Zusätzlich zu den technischen Einrichtungen kamen noch Wohnungen und Büros dazu. Auffällig ist übrigens, dass die Rückseite (Norden) auch außen stark funktionalistsich und weniger klassizistisch als die Vorderseite aussieht (Bild oberhalb rechts)

Als Trafostation wurde das Gebäude schon lange nicht mehr genutzt. Es gab etliche Büros, aber in den letzten Jahren auch Leerstand. Ein Verfall setzte ein, den Denkmalschützer 2013 zurecht groß anprangerten. Im Jahre 2015 erwarb dann die Pudil Family Foundation, die von dem erfolgreichen Unternehmer Petr Pudil (der zu den reichsten Tschechen überhaupt gehört) gegründet, der sich schon zuvor als Kunstmäzen international einen Namen gemacht hatte. 2018 begann er mit den Planungen für die Kunsthalle, wobei er von Anfang an Denkmalschützer intensiv mit einbezog. Der Baubeginn war 2019. Sämtliche Photos hier entstand im Januar 2022, etwa einem Monat vor der Eröffnung. Man sieht, wie die Fassade des Baus aus den 1930er Jahren grundsätzlich beibehalten, aber neue Aspekte (darunter die recht wuchtige Betonrampe vor am Eingang) hinzugefügt wurden. So wird dafür gesorgt, dass ein wirklich bedeutsames technisches Kulturdenkmal nicht in Vergessenheit gerät. (DD)

Source

Recent posts

See All
  • Hans Weber
  • October 25, 2024

The BRICS Summit in Kazan: Shifting Geopolitical Dynamics and the Decline of the “West”

  • Hans Weber
  • October 25, 2024

Hungary’s National Day: Celebrating the Legacy of the 1956 Revolution and Hungary’s Pivotal Role in Today’s Europe, as they currently hold the presidency of the EU

  • Hans Weber
  • October 25, 2024

Austrian National Day: A Celebration of Peace and Unity

Prague Forum Membership

Join us

Be part of building bridges and channels to engage all the international key voices and decision makers living in the Czech Republic.

Become a member

Prague Forum Membership

Join us

    Close