Die Brauerei des neuen Holešovice

Klingt schon nobel, der Name: Brauerei Marina (pivovar Marina). Marina, das klingt nach einem mediterranen Yachthafen. Und irgendwie stimmt das auch. Das Areal, in dem diese elegante und propere Brauerei liegt, ist ein positives Musterbeispiel für Gentrifizierung. Hier lag dereinst der Holešovicer Hafen (Holešovický přístav) , der Ende des 19. Jahrhunderts angelegte Moldaufrachthafen Prags, der sich in den 1990er Jahren aber als unrettbar unrentabel erwies und geschlossen wurde. Danach kam Verfall und sozialer Niedergang für das ganze Stadtviertel.

Aber die Uferpromenade ist schön. Es gab viel Potential für hochwertigen Wohn- und Büroraum. Die alten Fabriken um den ehemaligen Hafen konnten sich in schöne Lofts, Büros oder Studios umwandeln lassen. Es war daher kein Wunder, dass ab der Jahrtausendwende der Wiederaufstieg begann. Fast nirgendwo steigen seither Grundstückspreise so wie hier im Stadtteil Holešovice (Prag 7). Und tatsächlich wurden hier und am gegenüberliegenden Ufer in Libeň kleine Yachtanlegestellen und Clubs angelegt, gesäumt von riesigen modernen Wohn- und Bürokomplexen mit Flusssicht und alten pittoresken Überbleibseln der Hafenarchitektur. Das Ganze hat tatsächlich den Flair einer Marina am Mittelmeer (jedenfalls, wenn die Sonne scheint).

Und in genau solch einem alten pittoresken Hafengebäude, genauer in einer frisch umgebauten und renovierten alten Zollstation aus dem späten 19. Jahrhundert eröffnete am 13. Februar 2013 Besitzer Carlo Gojka seine neue Brauereigaststätte. Das mit großzügig zugeschnittenen Räumlichkeiten ausgestattete Gebäude im historisierenden Jugendstil mit seinem gemütlich wirkenden Fachwerk wirkte nun so, als ob es nie für einen anderen Zweck gebaut worden wäre. Und dazu gibt es noch einen Vorplatz, auf dem ein schicker Biergarten aufgebaut wurde, der im Sommer einfach unschlagbar sein muss. Der Kontrast zu den modernen Luxushochhäusern erhöht das mediterrane Gefühl dabei eher.

Das üppig dimensinierte Gebäude ist sehr lang und verfügt über zwei Flügel, zwischen denen die Küche und die eigentliche Brauanlage liegt. Das ermöglichte die Aufteilung des Komplexes in zwei verschiedene Gastbetriebe. In der nördlichen Hälfte gibt es ein italienisches Restaurant, das recht nobel ausgestattet ist (Bild links). Zum Zeitpunkt unseres Besuchs war es aber geschlossen. Diese Räumlichkeiten können auch für Hochzeiten oder andere private Events gemietet werden. Und interessiert aber hier primär die eigentliche Brauereigaststätte im südlichen Teil des Gebäudes.

Betritt man die, so fallen erst einmal die großen und glänzenden Braukessel aus Kupfer hinter dem Thekenbereich auf (großes Bild oben). Die sind aber mehr Staffage, weil diese altertümlichen Kessel schicker aussehen, als moderne Edelstahlkessel. Die findet man hinter dem Gastraum und sie sind technisch State-of-art, wie es sich für eine Brauerei mit diesem Anspruch gehört. Womit wir beim Bier sind.

Das Bier wird vor Ort gebraut. Aber man „leiht“ sich die Brauern von anderen bekannten Brauereien aus (was durchaus üblich ist), die dort aber spezielle Rezepte für die Pivovar Marina umsetzen. Bei der Eröffnung war dies Martin Vávra, der damalige Chefbrauer der bekannten Břevnov-Klosterbrauerei (Břevnovský klášterní pivovar), über die wir schon hier berichteten, der zuvor u.a. bei der Großbrauerei Staropramen gearbeitet hatte. Der gründete 2021 seine eigene Prager Kleinbrauerei namens Bad Flash. Seitdem braut im Marina Aleš Potěšil, der Vávra als Chefbrauer in Břevnov nachfolgte.

Es gibt meist vier Sorten im Angebot. Je ein Helles mit 10° und 12° Stammwürze, ein Weizenbier und ein Dunkelbier. Die Hellen fallen durch ihren mild-samtigen Gschmack auf und sind nicht überhopft. Man findet sie schon auf dem Bierdeckel des Hauses (Bild rechts) aufgelistet, bevor man die Speise- und Getränkekarte überhaupt aufgeschlagen hat. Und das Bier hier wird dem gehobenen Anspruch des Lokals voll gerecht.

Noch ein Wort zum Essen. Während es beim Italiener vornhmer zuzugehen scheint, liefert die Küche in der Biergaststätte die heute als klassisch geltende und weit verbreitete Speiseauswahl zur Begleitung des Biergenusses. Und das ist ein Mix aus den tschechischen Bierkellerspezialitäten, wie etwa der links abgebildete Tatarák und amerikanischen Klassiker wie Burger oder Chicken Wings. Alles grundsolide, für den Bierumtrunk absolut geeignet, lecker, aber vielleicht dann doch nicht ganz in der erwarteten Spitzenklasse angesiedelt.

Ja, und dann sind da noch die Räumlichkeiten selbst. Für die Einrichtung hat man unter anderem die Deckenbalken des alten Fachwerkhauses freigelegt. Obwohl alles sehr großräumig ist, wirkt durch das Dachgebälk und die Holzvertäfelungen die Braugaststätte außerordentlich gemütlich und behaglich. Und das, ohne dabei in traditionellen und überladenen Bierkellerkitsch zu verfallen. Geschmackvoll modern eben. Genauso, wie man es erwarten darf. Und wie es in das neue Holešovice und die neu erstandene Marina an der Moldau passt. (DD)

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