Dreikampf um das tschechische Präsidentenamt

Vor der tschechischen Präsidentenwahl zeichnet sich ein Trio aussichtsreicher Kandidaten ab. Es besteht aus dem früherem Regierungschef Andrej Babiš, dem General Petr Pavel und der Ökonomin Danuše Nerudová.

Was er denn am liebsten backe und koche, soll Petr Pavel sagen. Der drahtige Mann mit weißem Haar und getrimmten Bart, der auf einer Bühne in der Philharmonie von Brünn (Brno) sitzt, scheint zum ersten Mal länger über seine Antwort nachdenken zu müssen. Pavel möchte Präsident der Tschechischen Republik werden, da liegt diese Frage, die ihm ein junger Mann aus dem Publikum gestellt hat, nicht unbedingt auf der Hand. Schließlich antwortet Pavel zur Heiterkeit der Zuhörer mit einer Redensart, die angeblich seine Frau über ihn zu führen pflege und die sinngemäß besagen soll, dass er alles in einen Topf werfe: „Ich koche wie der Hund mit der Katze.“

Man könnte diese häusliche Abschweifung als Anzeichen dafür nehmen, dass Pavel bei seinem Publikum noch nicht sonderlich bekannt ist, aber Neugierde hervorruft. Als Figur auf dem politischen Feld ist er ein Neuling. Vier Jahrzehnte hat er in den tschechoslowakischen beziehungsweise tschechischen Streitkräften gedient und als Offizier eine Karriere hingelegt, die ihn bis an die Spitze des Generalstabs und schließlich zum Vorsitz des NATO-Militärausschusses in Brüssel geführt hat. Als General war er eine durchaus auch medial präsente Persönlichkeit, ein Kapital, von dem er nun auch zehren möchte. Im Sommer kündigte er an, dass er bei der Präsidentenwahl kandidieren möchte, deren erste Runde in zwei Wochen beginnt.

Insgesamt neun Männer und Frauen bewerben sich um die Nachfolge von Miloš Zeman, der nach zwei Amtszeiten nicht wieder kandidieren darf. Die Umfragen sind wechselhaft, doch stabil ist, dass drei Bewerber ernsthafte Aussichten zu haben scheinen, in die Stichwahl zu gelangen, die dann Ende Januar abgehalten wird. Das Spitzentrio bilden der frühere Ministerpräsident Andrej Babiš, Gründer, Finanzier und Chef der Partei ANO, die frühere Rektorin der Mendel-Universität Brünn, Danuše Nerudová, und eben Pavel.

Neue Umfrage sieht Babiš nur auf Platz drei

Lange Zeit führte Babiš, der im Grunde schon seit einem Jahr seine Kampagne fährt, das Feld an; die Frage schien nur zu sein, ob Pavel oder Nerudová gegen ihn in die Stichwahl einziehen würde. Nun ist aber auch eine Umfrage erschienen, die Babiš nur auf Platz drei sieht. Doch angesichts der Schwankungen lässt sich seriös nur sagen: Es dürfte spannend werden.

Das Amt des tschechischen Präsidenten ist vor allem repräsentativ angelegt, es ist geschaffen für überparteiliche Vaterfiguren wie Václav Havel. Dass jemand mit ausgeprägtem Machtinstinkt die Befugnisse weit auslegen kann, hat aber nicht zuletzt Amtsinhaber Zeman gezeigt. Er hielt in Zeiten unklarer Mehrheiten Babiš als Ministerpräsident selbst nach einem parlamentarischen Misstrauensvotum trotz Korruptionsvorwürfen im Amt.

Die Kandidatur des Multimilliardärs und früheren Regierungschefs Andrej Babiš wird vom amtierenden tschechischen Präsidenten Miloš Zeman unterstützt.
Die Kandidatur des Multimilliardärs und früheren Regierungschefs Andrej Babiš wird vom amtierenden tschechischen Präsidenten Miloš Zeman unterstützt. : Bild: Picture Alliance
Und er machte Personalpolitik bis hinunter zu Botschafterernennungen. Obwohl gesundheitlich schwer angeschlagen, hat Zeman die Lust an der Macht nicht verloren. Zuletzt spielte er öffentlich mit dem Gedanken, noch schnell einen neuen Verfassungsgerichtspräsidenten zu ernennen, obwohl die Zeit des Amtsinhabers erst abläuft, wenn Zeman bereits aus dem Amt geschieden ist. Das wäre ein schwerer Verfassungsbruch, schäumen mehrere der präsumtiven Nachfolger und kündigten an, eine solche Ernennung, sollte sie tatsächlich erfolgen, für ungültig zu erklären.

Zeman hat es sich auch nicht einfallen lassen, sich aus dem Wahlkampf um seine Nachfolge herauszuhalten. Er hat sich klar für Babiš ausgesprochen. Begründung: Politik sei etwas für Profis, nicht für Quereinsteiger. Freilich klingt auch in den Aussagen der anderen Bewerber, wie sie ihr Amt wahrnehmen möchten, bei allen Unterschieden klar durch: Hauptsache anders als Zeman. Babiš hingegen hofiert ihn als großen Staatsmann.

Nerudová beschrieb in einem Interview ihre Vision für die Zukunft der Tschechischen Republik als einen modernen Staat mit einem freundlichen Gesicht für die Bürger, der die Situation für Unternehmer nicht erschwert und eine moderne Bildung bietet. Die Ökonomin sprach von sozialem Zusammenhalt und Nachhaltigkeit. Das Staatsoberhaupt solle diese Themen aktiv einbringen und als Moderator der gesellschaftlichen Diskussion fungieren.

„Pan General“ und der Schatten seiner Vergangenheit”

Auch Pavel spricht von Anstößen, die der Präsident für die öffentliche Debatte geben könne, wobei bei ihm anklingt, dass er erwartet, dass die Regierung dann auch darauf eingehe. Ansonsten lautet seine Botschaft: Klare Regeln, Ordnung und Zuverlässigkeit, Bildung und Erziehung – in gesellschaftspolitischen Fragen wie der Homo-Ehe positioniert sich der General zugleich liberal.

In einem Punkt hat Pavel Erklärungsbedarf, und er wartet nicht ab, bis er darauf angesprochen wird. Gleich zu Beginn seines Auftritts erzählt er, wie er als Offizierssohn Ende der 1970er-Jahre selbst in die Streitkräfte des damaligen kommunistischen Staates eingetreten sei. Die Eltern seien überzeugte Kommunisten gewesen, und so sei auch er in die Partei eingetreten, er habe die Beiträge pflichtgemäß bezahlt. Er habe in einer Blase gelebt, sagt er, die Widersprüche habe er erst im Laufe der 1980er-Jahre erfahren, den Fall des Regimes als Erleichterung empfunden. Pavel ist stolz darauf, dass er es in die Elitetruppe der Aufklärer geschafft hatte. Wäre er aus Karrierismus in die Partei eingetreten, sagt er, dann wäre er auf einem Sessel im Ministerium gelandet.

Trotzdem ist das ein wunder Punkt für Pavel, auf den auch Nerudová anspielt: Sie trage keine Eisenkugel aus der Vergangenheit mit sich herum. Das Publikum in Pavels Wahlkampfveranstaltung in Brünn, die trotz offensichtlicher Organisationsmängel seines Teams gut besucht ist, scheint sich daran nicht zu stören. Die überwiegend jungen Leute reden ihn mit „Pan (Herr) General“ an. Dass er keine Stasi-Belastung habe, versucht Pavel auch dadurch zu belegen, dass er für seine Tätigkeit bei der NATO vollkommen durchleuchtet wurde. Abgesehen davon zeigt sein Erfolg in Brüssel auch, dass die politische Natur in ihm nicht erst jetzt erwacht ist. Denn auch für den Vorsitz im Militärausschuss, den er als erster einstiger Ostblock-Offizier erreichte, muss man sich Mehrheiten organisieren.

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