Habsburger Prunk

Passend zum Namen hat das Haus zur Goldenen Krone (Dům U Zlaté koruny) am Malé náměstí 457/13 inmitten des Trubels der Altstadt etwas überaus Majestätisches. Dazu trägt nicht zuletzt die imposante Barockfassade mit ihren monarchischen Insignien bei.

Das Haus als solches ist natürlich viel älter als es das barocke Aussehen suggeriert. Die Baugeschichte beginnt irgendwann im 12. Jahrhundert mit einem kleineren Haus im romanischen Stil. Davon findet man anscheinend noch Spuren in den Kellergewölben – ebenso wie Überbleibsel späterer gotische Bauphasen. Um 1600 wurde das Haus im Stil der Spätrenaissance nicht nur stilistisch überarbeitet, sondern auch vergrößert. Aber schon bald darauf begann die Barockisierung. Und so ist die Fassade, die wir so bewundern, irgendwann um das Jahr 1725 entstanden. Sie gehört zu den prachtvollsten des an prachtvollen Fassaden nicht armen Malé náměstí (wir berichteten zum Beispiel bereits hiervon).

 

Da es in späteren Zeiten (meist zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts oder Beginn des 20. Jahrhunderts) unter dem Prager Bürgertum eine gewisse Tendenz gab, bei der Fassadengestaltung einen bewusst anti-habsburgischen Nationalismus zur Schau zu tragen (wir zeigten u.a. hier und hier Beispiele), kann man leicht zu dem Eindruck gelangen, dass die Habsburger immer und von allen Bürgern als illegitime Fremdherrscher wahrgenommen wurden. In Wirklichkeit hatte man sich meist arrangiert oder war sogar recht zufrieden.

Und tatsächlich ist das Haus zur Goldenen Krone nicht das einzige Haus in der Prager Innenstadt, bei dem pro-habsburgische Gesinnung mit Wucht nach außen getragen wurde. Es gab offenbar auch immer wieder deutliche Zustimmung zum Kaiserhaus – zumindest in vor-nationalistischen Zeiten.

 

 

 

 

 

Es beginnt damit, dass die Kaiserkrone großformatig in Stuck über der Tür prangt. Es handelt sich um eine recht exakte Kopie jener Krone, die Kaiser Rudolf II. 1602 für sich herstellen ließ (und die 1804 das „Modell“ für die Kaiserkrone des neuen Österreichischen Kaiserreichs wurde). Rudolf war schon alleine deswegen, weil er tatsächlich sein Reich von Prag (und nicht Wien) aus regierte, tatsächlich in Böhmen beliebt gewesen. Und um das Ganze zu vervollständigen brachte man über dem mittleren Fenster des ersten Stocks einen in vergoldetem Stuck angefertigten Habsburger Doppeladler an – und zwar ohne das in Prag meist übliche Herzschild mit dem Böhmischen Löwen. Man präsentierte Habsburger Kaisertum pur und ohne regionale Zusätze. Und es handelte sich bei dem Haus um ein privates Wohngebäude mit Läden – nicht um ein offizielles Amtgebäude des Reiches. Wegen des Doppeladlers nennt man das Haus auch bisweilen Haus zum Goldenen Adler (U zlatého orla).

Auch wenn das Haus äußerlich immer noch weitgehend original so erhalten ist, wie es der Bauphase von 1725 entspricht, gab es natürlich immer wieder Umbauten. 1889 veränderte der Architekt František Kindl (wir hatten schon hier eines seiner Bauwerke vorgestellt) das gesamte Erdgeschoss radikal, so dass hier eine große Apotheke ihre Pforten öffnen konnte. Das klassische Apothekersymbol der Äskulapnatter an beiden Seiten neben dem von Hermen eingerahmten neo-barocken Eingang stammen aus dieser Zeit und zeugen davon, dass der Architekt seine Neuerungen geschmacklich gut einpasste. Vor allem beließ er die Habsburgerkrone unbeschadet dort, wo sie zuvor war. Zwischen 1910 und 1936 wurde das Innere des gesamten Hauses etappenweise nach den Plänen von Tomáš Šašek und Josef Blecha umgebaut, wovon man aber außen nichts sieht. Dort dominiert immer noch Habsburger-Prunk! (DD)

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