- Hans Weber
- November 1, 2024
Heilkundige Heilige
Heute ist der 7. April und somit Weltgesundheitstag. Dazu hat die Karlsbrücke mit ihrer Galerie von 30 Heiligenstatuen auch die richtigen Schutzheiligen parat: Kosmas und Damian.
Man könnte annehmen, die Heiligen auf Prags Wahrzeichen hätten meist irgendeinen direkten Bezug zu Prag oder zumindest Böhmen. Bei Lokalheiligen wie Ludmilla oder Kyrill und Method stimmt das, aber in den meisten Fällen lässt sich der direkte Bezug nicht herstellen. So scheint es auch mit Kosmas und Damian zu sein, die niemals auch nur vage entfernt in die Nähe der böhmischen Länder kamen, als sie noch lebten.
Denn eigentlich lebten die beiden Brüder (manche sagen: Zwillingsbrüder) im 3. Jahrhundert im heutigen Syrien. Bei Kyrrhos arbeiteten sie in einem Hospital. Da ihnen Engel beistanden, verbrachten sie wahre medizinische Wunder. So konnten sie einem Menschen, der ein zerfressenes Bein hatte, im Schlaf das Bein eines anderen, verstorbenen Menschen ansetzen. Die Heilung kam in Sekundenschnelle und verlief perfekt. Und mit dieser göttlichen Heilkunst bekehrten sie auch die nunmehr genesenen Ungläubigen in Massen zum christlichen Glauben. Und vor allem: Aus Glaubensgründen lehnten sie es ab, für ihr medizinisches Wirken Geld anzunehmen. Als der Märtyrertod nahte, wollte Kosmas erst nicht mit Damian zusammen begraben werden, weil der einmal einer wohl recht empfindlichen Patientin, die ihm Geschenke anbot, nicht beleidigen wollte und die Gabe doch annahm. Aber gottlob kam nach dem Tod eine Art orientalischer Vorläufer von Mr. Ed, nämlich ein sprechendes Kamel, das veranlasste, dass die beiden Brüder doch gemeinsam ihre letzte Ruhe fanden.
Über die Art, wie sie den Märtyrertod fanden, gibt es verschiedenene Legenden. Eine besagt, dass unter Kaiser Carinus ein eifersüchtiger (heidnischer?) Kollege sie umbringen ließ. Eine andere, dass sie in der Regierungszeit des Christenverfolgers Kaiser Diokletian mehrere Hinrichtunsgversuche (Ertränken, Erschießen durch Pfeile, Steinigen) überlebten, bevor sie enthauptet wurden. Auf jeden Fall machten ihr wundersames Wirken und ihr Martyrium einen eine so großen Eindruck auf die Menschen, dass schon im 4. Jahrhundert erste Kirchen überliefert sind, die die Namen der beiden schon recht bald Heiligen trugen. Das Grab wurde zur Pilgerstätte. Vom Mittleren Osten breitete sich der Kult nach Russland und über den Balkan aus, gelangte nach Italien und ließ auch die deutschen Lande nicht unberührt. Die Schatzkammer des Essener Doms erfreut daran, als ganz besondere Reliquie das angebliche Schwert zu besitzen, mit dem gemäß einer Legendenversion die beiden Heiligen enthauptet wurden.
Also warum stehen Kosmas und Damian zur Rechten und zur Linken von Jesus Christus, der sein Kreuz trägt, auf der Prager Karlsbrücke. Nun, die Statuen der Heiligen auf der Karlsbrücke wurden natürlich noch nicht von der Europäischen Kulturförderung finanziert. Es ging – ganz im Sinner katholischer (und liberaler) Soziallehre – sehr subsidiär zu. Freiwillige Gönner und Spender waren gefragt, nicht der Staat. Und die Medizinische Fakultät der Karlsuniversität war bereit zu einer guten Tat zur Verschönderung des Stadtbilds. Und als Spender wollte die Fakultät bestimmen, wer das geehrt wird. Und wer wäre da passender gewesen als die beiden heilkundigen Heiligen Kosmas und Damian? Schließlich sind sie die bedeutendsten unter den Heiligen Ärzten, die auf Altgriechisch Ανάργυροι
(Anargyroi) genannt wurden, also „ohne Silber“, weil sie unentgeltlich arbeiteten.
Mit der Ausfertigung ihres Denkmals beauftragte die Fakultät den Bildhauer Johann Ulrich Mayer, der das Werk 1709 fertigstellte. Mayer gehörte damals zu den bekannten Vertretern der Barockbildhauerei und hatte mit anderen Meistern des Fachs, insbesondere Mathias Braun und Johann Ferdinand Brokoff zusammengearbeitet, die ebenfalls Statuen auf der Karlsbrücke hinterließen. Neben der Statuengruppe von Kosmas und Damian fertigte Mayer für die Karlsbrücke auch noch die Statue des Heiligen Judas Thaddäus an. Um ihr christliches Wirken stärker zu symbolisieren, hat Mayer die beiden Heiligen um den Gekreuzigten gruppiert. Rechts (aus der Sicht von Christus) sehen wir Kosmas (linkes Bild). Das erkennt man eigentlich nur an der Inschrift auf dem Sockel, denn Mayer hat sie als die Zwillinge dargestellt, die sie ja wohl auch waren.
Und so sieht man links von Jesus den Heiligen Damian. WIe sein Bruder trägt auch er einen Palmzweig, auch Märtyrerpalme genannt, auf dem Arm, ein häufiges Symbol für Heilige, die für ihren Glauben ihr Leben gaben. Und beide halten eine Salbenbüchse, wie Apotheker sie zur Zeit der Errichtung der Statuen benutzten. Die von Kosmas ist etwas bauchiger als die von Damian. In jedem Fall sind sie Attribute der Heilkunst. Desgleichen gilt für die eng anliegenden Kopfbedeckungen aus Stoff, die in der barocken Ikonographie häufig als Berufskleidung für Ärzte vorkommen. Alles zusammen macht die Heiligen unverwechselbar. (DD)
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