Im Pantheon großer Tschechen!

Die Tschechen pflegen eine hohe Bierkultur. Und deshalb ehren sie auch ihre Brauer. Und wenn nicht Franz Andreas Paupie (in Tschechisch František Ondřej Poupě geannt), wen dann? Und so findet man in der Prager Altsatdt am Haus in der Martinská 360/2 (Ecke Na Perštýně) auf Höhe des ersten Stocks denn auch in der Tat eine große Gedenktafel, die ihm zugewidmet ist.

Eigentlich war er hier nur ganz kurz wohnhaft, nämlich von 1793 bis 1794. Nachdem er einige praktische Erfahrungen als Brauer (etwa als Leiter der Brauerei von Joseph Niklas Graf von Windischgrätz in Štěkeň) gesammelt hatte, vertiefte er sich vor allem auch in die wissenschaftliche Seite des Brauen, die bisher eher vernachlässigt worden war. Als Resultat vollendete er hier in der Martinská das Buch, das Böhmen (heute Tschechien) später zu dem Bierland schlechthin machte: Die Kunst des Bierbrauens. Die bis dato gründlichste Abhandlung zum Thema publizierte er auf eigene Kosten. Heute ein Klassiker des Genres, war es damals ein Verlustgeschäft. Mittellos musste er aus Prag von dannen ziehen und dabei seine zentral gelegene Wohnung direkt neben der schönen Martinskirche wieder aufgeben.

Er heuerte nun als Brauer bei der recht großen Brauerei von Maria Anna Reichsgräfin von Clam Martinic in Slaný an. Hier setzte er seine wissenschaftlichen Ideen zur Braukunst systematisch um und experimentierte mit Präszisionsgeräten wie Thermometer und Bierwaage, was die Qualität des Bieres so nachhaltig steigerte, dass er 1798 mit Leichtigkeit einen Wettbewerb um den Posten des Stadtbrauers in der mährischen Großstadt Brno (Brünn) gewann. Dort hatte er bis zu seinem Tode 1805 ein sicheres Auskommen und konnte weiterforschen. 1801 veröffentlichte er das Buch Versuch einer Grundlehre der Bierbrauerei in katechischer Form, das im gleichen Jahr auch in Tschechisch unter dem Titel Počátkové základního naučení o vaření piva erschien – und zu einer Art Bibel der tschechischen Braukunst wurde. Kaum ein fachkundiger Tscheche bezweifelt heute, dass er es war, der überhaupt erst Qualitätsstandards in die heimische Braukunst eingeführt hat. Die Entwicklung einer echten Bierindustrie wäre ohne ihn undenkbar gewesen. Er gehört in das Pantheon großer Tschechen!

Auf der Gedenkplatte sieht man ein Relief mit einem Seitenportrait Paupies. Darunter steht: „Hier befand sich das Haus, in dem F.O.Poupě, der berühmte tschechische Bierbrauer, lebte. 1753 -1806“. Daraus schließt man zurecht, dass das Haus, an dem die Plakette angebracht ist, nicht mehr das ursprüngliche Haus ist, in dem er 1793/94 gewohnt hatte. Das recht luxuriös daherkommende vierstöckige Miets- und Geschaftshaus mit seinen hübschen Balkonen, das man heute sieht, wurde von dm Architekten Otakar Bureš (siehe auch hier) im historistischen Stil des Neobarock erst zwischen 1905 und 1906 erbaut. Da war Paupie ja schon 100 Jahre tot….

Aber der Architekt baute doch noch eine Erinnerung an das vorher hier stehende Haus ein. Über dem Eingang kann man den alten Namen des Haus in Stuck lesen: U Tří zlatých koulí (Zu den Drei Goldenen Kugeln). So hatte es im Jahre 1684 der damals neue Besitzer Samuel Rafael Globic genannt. Der nutzte die Kugelsymbolik als Hausschild (das erklären wir hier), um auf sein Gewerbe aufmerksam zu machen. Er war nämlich einer der bedeutenden Geodät (Geometer) seiner Zeit und seine äußerst präzisen Stadtpläne dienten oft als Rechtsgundlage für Gerichtsprozesse um Grundeigentum. Und so erinnert der neue Schriftzug mit den drei Kugeln darunter, dass in dem (damals wohl barocken) Vorgängerhaus noch ein zweiter bedeutender Bewohner lebte, der allerdings nichts mit der Braukunst zu tun hatte. (DD)

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