Kafka als Versicherungsangestellter

Eigentlich war Franz Kafka ja Versicherungsfachmann. Nun ja, um mit irgendwas Geld zu verdienen, natürlich. Aber wir wissen, seine Leidenschaft gehörte der Schriftstellerei, der mit sehr surrealen Erzählungen und Romanen, wie Die Verwandlung (1915) oder das zwei Jahre nach seinem Tod veröffentlichte Romanfragment Das Schloss (1926), zu den großen Klassikern der Weltliteratur.

Aber auch vom Leben als Versicherungsangestellter finden sich Spuren in Prag. Bekannt, weil an prominenter Stelle gelegen, ist das Versicherungsgebäude der die Assicurazioni Generali am Wenzelsplatz 832/19 (wir berichteten hier). Hier hatte Kafka gleich bei der Eröffnung der Filiale auf Empfehlung eines Onkels, Alfred Löwy, einen Job bekommen, blieb hier aber 1907 weniger als ein Jahr bevor er den Arbeitsplatz wieder verließ. Dauerhafter, auch weil besser bezahlt, war sein berufliches Engagement bei der Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen (tsch.; Úrazová pojišťovna dělnická pro Království české), deren Gebäude – allerdings inzwischen in ein Hotel verwandelt wurde – in der Na Poříčí 1075/7 in der Prager Neustadt zu finden ist.

Den Namenszug der Versicherung findet man, wenn man genau hinschaut, immer noch in Gebälk über den zweiten Stock des Gebäudes (Bilder oberhalb).

Seine Anstellung bei der 1889 gegründeten Versicherung verdankte er einem früheren Mitschüler Ewald Felix Příbram, dessen Vater, Dr. Otto Přibram, der zufällig Präsident der Versicherung war. Er verbrachte immerhin 14 lange Jahre bei der Arbeiter-Unfall-Versucherung, beginnend im August 1908 bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung aufgrund seines Gesundheitszustand (er litt unheilbar an Tuberkulose) im Jahr 1922, zunächst als Angestellter, dann in verschiedenen Sekretariatspositionen. Obwohl er sich von der absurden Bürokratie im Hause anscheinden für die eigenen absurden Gesicht inspirieren ließ und durch die Doppelarbeit als Versicherungsangestellter und Schriftsteller seine Gesundheit ruinierte, schien er ein guter, sehr fachkundiger und beliebter Mitarbeiter zu sein.

Die Versicherungsanstalt hatte, was das Personal anging, einen eher österreichisch deutschen Charakter, worüber die von Putten umrahmten Wappen mit dem böhmischen Löwen über den Eingängen nicht hinwegtäuscht. Trotzdem blieb Kafka als deutschsprachiger Mitarbeiter auf nach dem Ende des Habsburgerreichs und der Ausrufung der Tschechoslowakischen Republik 1918 weiterhin geachteter Mitarbeiter – trotz der anlaufenden Tschechisierung der Anstalt. Er konnte gut Tschechisch und war aufgrund seiner politischen Überzeugungen vorher nie für anti-tschechische oder deutschnationale Töne nie zu haben gewesen. Bleibt noch eine kurze Bemerkung zum Gebäude der Versicherung, in dem Kafka damals arbeitete: Erbaut wurde das dreistöckige Gebäude im Jahre 1894. Der Architekt war Alfons Wertmüller, dem wir u.a. die heutige Staatsoper verdanken, und dessen Pläne dem damals sehr modernen Neorenaissancestil entsprachen. (DD)

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