- Hans Weber
- April 24, 2025
Kasino unter dem Habsburger Adler
Nein, sie machten aus Ihrer Treue zum Haus Habsburg kein Geheimnis. Nicht umsonst sieht man hier, wie das kleine, aus diagonalen Streifen bestehende Wappen der Familie Caretto-Cavriani di Millesimo, geradezu beherrscht wird von einem großen Habsburger Doppeladler, der es umrahmt, und einer opulent gestalteten Österreichischen Kaiserkrone darüber.

Zu finden ist das Ganze über dem Eingang des Millessimo Palais (Millesimovský palác) in der Celetná 597/13 inmitten der Altstadt. Wie der Familienname nahelegt, stammt das Geschlecht aus Italien, wo es auf eine bis ins 11. Jahrhundert zurückreichende Geschichte zurückblicken konnte. In den Zeiten, als die Habsburger zu Beginn des Dreissigjährigen Krieges das Land katholisierte, wovon der katholische Adel sehr profitierte, verschlug es einen Sproß der Familie nach Böhmen. Stefano Caretto-Cavriani di Millesimo, ein zweitgeborener der Familie, konnte hier in den frühen 1620er Jahren ein Erbe antreten und heiratete zudem günstig in das böhmische Geschlecht der Kostomlatští z Vřesovic ein und erwarb sich zusätzliche neue Titel, wie etwa den des Freiherrn von Steck, Vilemov, Jeníkov and Nemyšl.

Die Familie konnte sich nun auch schöne Anwesen im Herzen Prags leisten. Es fing an mit einem Palais, den Stefanos Schwiegertochter Johanna Barbara Eusebia Carretto-Cavriani-Millesimo in der Neustadt (Panská 896/8) erbauen ließ, der aber im 19. Jahrhundert durch ein anderes Gebäude ersetzt wurde. Bleibt also das Palais, das wir aus der Celetná kennen. So, wie er hier steht, verdanken wir ihm einem Enkel des Grafen Stefano, Johann Joseph Caretto, Graf Millessimo. Der erwarb um 1756 an dieser Stelle im Grunde eine Baustelle, denn er kaufte das Grundstück den vorherigen Besitzer, der Adelsfamilie Wratislaw von Mitrowitz (Vratislavové z Mitrovic) ab, die hier bereits einen Neubau geplant hatte. Zuvor stand hier ein großes Renaissancegebäude, das aus der Zusammenlegung dreier mittelalterlicher Häuser entstanden war.
Der Graf ließ das Projekt jetzt wahrscheinlich durch den Barockarchitekten Amselmo Lurago (über den wir u.a. hier berichteten) oder möglicherweise durch dessen Kollegen František Ignác Prée durchführen. Und er ließ das Habsburgisch aufgepimpte Familienwappen in Stuck über dem Eingang anbringen. Das Wappen samt des reich bestuckten zweistöckigen und vierflügeligen Gebäudes gehören zu den Dominanten der Celetná.

Im 19. Jahrhundert wurde das Gebäude in ein Kasino für die adlige Gesellschaft umgewandelt – samt einem Luxusrestaurant der gehobenen Klasse. Ein Kasino unter dem Habsburger Adler – das hat was, oder? Dieses Etablissement gibt es aber schon lange nicht mehr – schon alleine, weil Adelstitel 1918 mit der Ersten Republik abgeschafft wurden, was auch das Ende von Adelskasinos implizierte. Seit 1990 gehört das Gebäude übrigens der Karlsuniversität, die dort ihr Centrum Carolina betreibt, eine Einrichtung, die benachteiligte Studenten unterstützt. Gottlob gingen die Umbauten – vom Kasino zur Universitätsinstitution – seit 1756 nie an die Substanz des Gebäudes, das nach einer Renovierung in den letzten Jahren in hellem Glanz erstrahlt. (DD).
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