Kasper, Rübezahl und Hotzenplotz

Puppenspieler Harald Schwarz verband tschechische und deutsche Tradition. Eine Ausstellung in Teplitz erinnert an ihn.

Das hätte Harald Schwarz bestimmt gefallen. Eine Ausstellung über sein Puppentheater im Schloss von Teplitz (Teplice). Im ehemaligen Amtshaus mit der Vogelvoliere erinnert die Ausstellung mit dem Titel „Von Teplitz in die Welt“ an den letzten Puppenspieler in Hohnsteiner Tradition.

„Für uns ist es etwas Besonderes, dass jemand aus Teplice in der Welt berühmt geworden ist“, sagt Eva Klášterková vom Regionalmuseum, das im Schloss untergebracht ist. Unlängst wurden in dem ehemaligen Amtshaus oberhalb der Vogeltreppen (Ptačí schody) neue Ausstellungsräume geschaffen. Der dreigeteilte Raum ist wie gemacht, um in die Welt von Harald Schwarz einzutauchen. Der am 13. April 1921 in Teplitz geborene Puppenspieler ist allerdings in seiner Heimat fast vergessen, wie Frau Klášterková einräumt.

Harald Schwarz war der letzte Puppenspieler in Hohnsteiner Tradition. Foto: PuppentheaterKultur Bad Kreuznach

Oma mit Häubchen und Schwejk

Nicht vergessen ist Harald Schwarz in Bad Kreuznach. Im dortigen Museum für Puppentheaterkultur entstand die Ausstellung. Initiator und Kurator ist der Museumsleiter  Markus Dorner, der selbst auch Puppenspieler ist. Und nicht irgendeiner, sondern einer der letzten Schüler von Harald Schwarz. „Ursprünglich sollte die Ausstellung zum 100. Geburtstag von Schwarz gezeigt werden, doch Corona hat alles etwas verzögert“, sagt Dorner.

Aber jetzt ist die Ausstellung dort, wo sie eigentlich hinsollte, in der Heimat von Harald Schwarz, und das unter Mithilfe des Kulturreferats für die Böhmischen Länder beim Adalbert Stifter Verein, das den Kontakt nach Teplitz herstellte.

Gezeigt wird die deutsch-tschechisch Puppenwelt des Harald Schwarz. Da blickt der Kasper mit Räuber und anderen Gesellen aus einer Puppentheaterbühne. Im Ohrensessel sitzt zufrieden Oma mit Häubchen. Ein Stück weiter tummeln sich die drei Schweinchen mit dem Wolf, vor sich den braven Soldaten Schwejk. Und im Nebenraum steht majestätisch Rübezahl mit dem Maulwurf und einem Räuber, womöglich dem Hotzenplotz.

Eva Klášterková vom Regionalmuseum in Teplitz präsentiert den  Hohnsteiner Kasper, die Hauptfigur in der Ausstellung über den Teplitzer Puppenspieler Harald Schwarz.Foto: Steffen Neumann

Zu Fuß nach Hohnstein

Schwarz’ erste Lebenshälfte war eng mit dem berühmten Hohnsteiner Kasper verbunden, dem mit der gebogenen Nase. Schwarz wurde nicht nur im Jahr geboren, als auch das Hohnsteiner Theater gegründet wurde. Eine Aufführung der Hohnsteiner in Teplitz war auch der Beginn seiner Beschäftigung mit Puppen. 1939 nahm er an einem Puppenspielkurs in Hohnstein teil. Doch dann musste er in den Krieg. Als er zurückkam, waren seine Eltern schon aus der Heimat vertrieben. Schwarz kehrte kurz nach Teplitz zurück. Da er dort nicht bleiben konnte, war für ihn Hohnstein das folgerichtige Ziel. „Mit seinen beiden Freundinnen zog er zu Fuß nach Hohnstein und führte die Tradition mit der dritten Hohnsteiner Bühne fort“, erzählt Dorner. Doch lange konnte Schwarz auch da nicht bleiben. Mit dem Aufstieg des Sozialismus verschlechterten sich für ihn als Freiberufler die Bedingungen. Also zog er 1948 nach Essen weiter, von wo aus er sein Reisepuppentheater in der Hohnsteiner Tradition betrieb.

Doch 1968 änderte Schwarz seinen Stil. Er nahm die Zusammenarbeit mit dem Prager Puppenbildner Václav Havlík auf. Der Wechsel war radikal. Statt kantig geschnitzter Kaspers, Omas und Gendarmen spielte Schwarz nun mit rundgesichtigen Figuren mit ebenso runden Augen und weichen Stoffen. „Die Puppen waren in der typischen Ästhetik der 1960er und 1970er Jahre geschaffen“, sagt Kurator Markus Dorner. Trotzdem war die Hinwendung zu den neuen Puppen wie eine Rückkehr in Schwarz’ böhmische Welt. Seine Stücke waren schon vorher ein Gesamtkunstwerk. Sie hatten eine Musikbegleitung, die Schwarz selbst komponierte. „Das war Ausdruck seiner böhmischen Musikalität“, weiß Dorner, der die Stücke mit Musicals vergleicht.

Einmal im Jahr in Prag

„Er hatte mehrere Talente und wenn er durch seine Zeit nicht zum Puppenspieler geworden wäre, wäre aus ihm sicherlich der künstlerische Leiter des Kurhausorchesters von Teplitz geworden“, vermutet Dorner. Der Wechsel der Puppen hatte aber auch andere Vorteile. Es waren im Unterschied zu den Hohnsteiner Stabpuppen und sie waren deutlich größer. „Damit konnte er in größeren Sälen spielen, wo man seine Figuren auch noch von weiter hinten gut erkennen konnte“, sagt Dorner. Letztendlich musste Schwarz sein Theater auch finanzieren. Zuschüsse erhielt er keine.

Ab 1968 weilte Schwarz jedes Jahr in Prag bei Havlík, um neue Stücke vorzubereiten. Dabei half ihm seine Liebe zu alten Heimat. „Schwarz hatte keinerlei Ressentiments, eher im Gegenteil. Er liebte die Tschechen“, weiß Dorner. Schwarz hatte in der Schule Tschechisch gelernt und beherrschte die Sprache perfekt. Außerdem war Tschechien mit seiner Puppenspielertradition das Mekka des Puppenspiels und ist es bis heute. „Er liebte den Sound der tschechischen Sprache, das Essen, die Kultur und nicht zuletzt das Puppenspiel des Landes“, erinnert Dorner an seinen einstigen Lehrer.

Nach 1989 erfüllte sich für Schwarz ein Traum. Er konnte mit Havlíks Puppen nun in Tschechien auftreten. Seine Aufführungen waren zweisprachig. Bei einer dieser Theatertouren starb er, am 11. Oktober 1995, kurz vor einem Auftritt im mährischen Zwittau (Svitavy). Mit der Ausstellung ist Schwarz, der mit seinem Theater auch durch Südamerika, die USA, Afrika und Europa tourte, endgültig nach Tschechien zurückgekehrt.

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