Lucia Moholy: Einblicke in das Schaffen einer Bauhaus-Pionierin

Bis Ende Oktober ist in der Kunsthalle eine Ausstellung zu sehen, die das vielschichtige Werk der Bauhaus-Fotografin Lucia Moholy beleuchtet.

Als Lucia Moholy an die Bauhaus-Universität in Weimar kam, war sie die Einzige, die fotografieren konnte. Daran erinnerte sich auch ihre Kommilitonin Gertrud Arndt Jahre später, die gemeinsam mit Moholy das Leben am Bauhaus fotografisch festhielt.

In der Kunsthalle in Prag kann man nun in der umfangreichen Retrospektivausstellung „Exposures“ das Werk der fast vergessenen Bauhausfotografin Lucia Moholy durch 600 Fotografien, Mikrofilme, Aufsätze, Briefe, Bücher und Tonaufnahmen erkunden. Dieses Projekt ist das erste, das die bekanntesten Fotografien von Moholy präsentiert, welche sie während ihrer Zeit an der legendären Bauhaus-Schule in Weimar und später während ihres Aufenthalts in London schuf. Ein weiterer Ausstellungsteil stellt einen Dialog dar: Es sind Installationen von Jan Tichý, mit denen der tschechische Gegenwartskünstler auf bis jetzt verschollene Werke aus dem Nachlass der Fotografin reagiert, als sie vor dem Nazi-Regime nach England floh. Bei Tichýs „Installation Nr. 30 (Lucia)” geht es um 330 belichtete Glastafeln, die auf diese verlorenen Negative hindeuten.

Eindrücke aus der Ausstellung. Foto: Lucie Drahonovská
Eindrücke aus der Ausstellung. Foto: Lucie Drahonovská

Geschichtsschreiberin mit der Kamera

„A priori ist Fotografie ebenso wenig Kunst wie andere Techniken auch: Jemand, der malt, zeichnet, radiert – oder fotografiert, muss deswegen noch lange kein Künstler sein. Nicht die Technik und das Werkzeug bestimmen, was Kunst ist, sondern der Mensch, wenn er die Gabe hat, damit Kunst zu schaffen“, sagte Lucia Moholy in einer Rundfunksendung 1958. Aufgrund ihrer präzisen Sichtweise wurde sie in einem Presseartikel als „Geschichtsschreiberin mit der Kamera“ bezeichnet.

Lucia Moholy wurde 1894 als Lucia Schulz in Prag in die deutschsprachige, jüdische Familie eines prominenten Anwalts geboren. Zunächst arbeitete sie kurzzeitig im Büro ihres Vaters. Aufgrund ihrer Sprachbegabung verdiente sie ihren Lebensunterhalt zunächst als Lehrerin. Doch bald wuchs ihr Interesse an der Kunst und sie entschied sich, Kunstgeschichte, Philosophie und Philologie an der Karls-Universität in Prag zu studieren. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges zog sie nach Deutschland, wo sie als Theaterkritikerin tätig war und für verschiedene Verlage als Redakteurin arbeitete.

 Einblicke in das Leben und Werk von Lucia Moholy. Foto: Lucie Drahonovská
Einblicke in das Leben und Werk von Lucia Moholy. Foto: Lucie Drahonovská

Zauber der Fotografie

Lucias Leben nahm eine entscheidende Wendung, als sie den avantgardistischen Maler, Bildhauer, Designer und Fotografen László Moholy-Nagy kennenlernte, der aus Ungarn nach Berlin emigriert war. Sie heirateten 1921 und finanzierten ihr Leben größtenteils aus ihrem Gehalt. Nachdem László Moholy-Nagy Walter Gropius bei der Ausstellung „Der Sturm“ in Weimar getroffen und von ihm eine Professur am Bauhaus angeboten bekommen hatte, entdeckte Lucia die Faszination der Fotografie. Gemeinsam mit ihrem Mann widmete sie sich der Erforschung von Bild-, Text- und Klangkunst. Ihre Erkenntnisse veröffentlichten sie 1922 in ihrem einflussreichen Essay „Production-Reproduction“, der in der renommierten Zeitschrift „De Stijl“ erschien. In Weimar und später in der neuen Bauhaus-Schule in Dessau avancierte Lucia zur bedeutendsten Dokumentaristin des Bauhaus. Obwohl ihre Fotografien häufig ohne Nennung ihrer Autorschaft publiziert wurden, spielte sie eine entscheidende Rolle bei der Prägung der öffentlichen Wahrnehmung des Bauhaus. Ihre Leidenschaft für die Fotografie setzte sie auch in Berlin fort, wo sie an der Itten-Schule lehrte. Aus dieser Zeit stammen einzigartige Porträts von Künstlern aus den radikalen pädagogischen Institutionen in Loheland und Schwarzenden.

Neben dem Bauhaus umfasst die Ausstellung auch Werke aus Lucias Londoner Portrait-Atelier, in dem sie Mitglieder der Bloomsbury Group sowie namhafte Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kultur porträtierte, die in Großbritannien gegen den Faschismus kämpften. Ein weiterer Teil der Exposition „Exposures“ widmet sich Lucias Einfluss auf die Kunstszene in Zürich, wohin sie 1959 zog. Dort knüpfte sie Kontakte zu jüngeren Schweizer Künstlern, darunter Giorgio Joch und Vera Isler. Lucia Moholy verstarb 1989 und hinterließ ein umfangreiches Archiv mit Fotografien, unveröffentlichten Texten und Korrespondenz.

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