Marienkrönung seit 1732

Nur rund 50km südwestlich von Prag, mitten in Mittelböhmen, befindet sich die kleine Stadt Příbram, Die ist auf jeden Fall einen Tagesausflug wert, nicht zuletzt, weil sich dort der Heilige Berg (Svatá Hora) befindet – der älteste Marienwallfahrt und einer der stolzesten Barockklöster des Landes.

Anfänglich, im 13, Jahrhundert, gab es hier nur eine kleine Marienkapelle, die es noch lange nicht zum Wallfahrtsort bringen sollte. Unten im Tal von Příbram ließ sich Ernst von Pardubitz (Tschechisch: Arnošt z Pardubic), einer der engsten Vertrauten von Kaiser Karl IV., der ihn im 14. Jahrhundert zum ersten Rektor der Universität und zum ersten Erzbischof in Prag ernannte, für die Kapelle des Erzbischöflichen Schloss 1348 eine kleine kleine (50cm hohe) Marienfigur

aus Birnbaumholz anfertigen, Ganz gesichert ist das nicht, denn erst der jesuitische Historiker Bohuslav Balbín hat Ernst von Pardubitz in dessen Lebensbeschreibung Vita Venerabilis Arnesti von 1664 als den eigentlichen Holzschnitzer erwähnt. Das dürfte eher unwahrscheinlich sein, aber letztlich ist es sehr wahrscheinlich, dass er den Auftrag dazu gab.

Die Statue trägt Kleider, deren Farbe einer bestimmten liturgischen Jahreszeit entspricht. Erst 1611 dürfte sie auch den Heiligen Berg gebracht worden sein. Im Zuge der Gegenreformation führte das Päpstliche Konsistorium 1640 die Krönungen (nebst Wallfahrt) für ausgewählte Marienstatuen ein, weil solche offensiv betriebenen Manifestationen des katholischen Glaubens die Anziehungskraft der Kirche erhöhen. Der Krönung muss jedoch der Nachweis von Wundern vorausgehen.

Dass die Mariendarstellung von Příbram zu den drei auserwählten Mariendarstellung in den böhmischen Ländern gehört, liegt daran, dass der dortigen Marienstatue rund 4000 Wunder durch Erhörung von Gebeten und Fürsprachen nachgewiesen wurden – von der Heilung von Krankheiten (u.a. die Heilung eines Blinden im Jahre 1632) über den Schutz vor gefährlichen Tieren bis zur Vermeidung von Überschwemmungen. Viele von ihnen sollen später durch Gemälde in den Klosterkreuzgängen dokumentiert werden. Soviel Wunder reichten dann am Ende aus, so dass im Juni 1732 die erste Marienkrönung von Příbram stattfinden konnte, die vom Prager Erzbischof Johann Rudolf Graf von Špork durchgeführt wurde.

Zu diesem Zeitpunkt war bereits die alte Kapelle ersetzt durch eine große Klosteranlage, die den Bedürfnissen eines echten und groß dimensionierten Wallfahrtsorts entsprach. Zwischen 1658 und 1709 ließen die Jesuiten, die ab 1647 den Ort verwalteten, einen kompletten Neubau im Stil des Barock durchführen. Ausgeführt wurden die Pläne von den Architekten Carlo Lurago (wir erwähnten ihn u.a. hier und hier) und nach dessen Tod 1684 von Kilian Ignaz Dientzenhofer, über den wir u.a. schon hierhier, hier und hier berichtet haben. Viele andere bedeutende Künstler der Zeit wirkten an der Ausschmücken der Klosteranlage mit, etwa der Bildhauer Johann Brokoff, der die Nepomukstatue auf der Karlsbrücke gestaltet hat – und von dem man rechts den Heiligen Wenzel in .Příbram sehen kann.

Was dabei herauskam, war eine quadratischer Kreuzgang, der mit Darstellungen von Heiligenwundern der Marienfigur von Příbram. An jeder der Ecken befinden sich kleinere Kapellen. Durch das prächtige, mit einer vergoldeten Jungfrau Maria geschmücktes Portal kommt man auf die etwas erhöht stehende Basilika Mariä Himmelfahrt (Bazilika Nanebevzetí Panny Marie), die das Kernstück der Anlage bildet. Hier findet man die Statue Unserer Lieben Frau vom Heligen Berg (Soška Panny Marie Svatohorské), wie die Marienfigur vollständig heißt, das Ziel der Wallfahrer und der Gegenstand der Krönungsfeier. Die silbernen Kronen (je eine für Maria und eine für das Jesukind) wurden vom Prager Goldschmied und Schmuckhersteller Johann Ferdinand Schachtel für die erste Krönung 1732 gestaltet. wie überhaupt der ganze immerhin fast sieben Meter hohe Altar aus, der in den Jahren 1684 bis 1774 schrittweise erbaut wurde, aus (teil vergoldeten) Silber hergestellt wurde. Überhaupt wurde mit Silber nicht gespart, denn auch andere Altäre und Heiligenstatuen (Bild links) sind damit angefertig, was der Basilika ihre ganz eigene Ästhetik verleiht.

Über dem großen Portal und dem offenen Rundweg um die Basilika gruppieren sich die hauptsächlich von Brokoff erstellten Heiligenstatuen. Von außen kann man zudem an der nordwestlichen Ecke eine kleine Grotte besichtigen, die der Heiligen Maria Magdalena gewidmet ist, und die mit künstlichen Tropfsteinen ausgeschmückt ist. Man bekommt viele abwechslungsreiche Ideen geboten und sollte sich daher viel Zeit nehmen.

Den Heiligen Berg von nur wenig darunter gelegenen Busbahnhof zu ersteigen, bereitet kaum Mühe, liegetr es schon auf halber Höhe. Wer sich wirklich sportlich fit halten oder gar Buße tun möchte, der nehme einen geradezu einzigartigen Weg von der wesentlich tiefer gelegenen Stadt Příbram herauf: Die 343 Stufen der vollständig überdachten Treppe (Svatohorské schody). Ich gebe zu, dass ich mir das erspart habe und so muss man sich mit dem Photo links zufrieden geben, die nur den oberen Teil des Abstiegs zeigt.

Die Wallfahrten für die Marienkrönungen fanden, solange man sie erlaubte, regelmäßig im Juni statt. Und das Taten sich auch noch, als 1773 der Jesuitenorden, der das Ganze organisiert hatte, vom Papst verboten wurde. Ab da wurde das Kloster samt Krönungen bis 1861 vom Erzbistum Prag direkt verwaltet. Seither befindet der Orden der Redemptoristen im Kloster und organsiert die Krönung, bei der übrigens die Figur aus dem Altarschrein herausgenommen wird, und einer Prozession auf einer Trage zur Zeremonie getragen wird. Die Statue selbst sollte aber grundsätzlich im Kloster bleiben. Große Gefährdunegn wie der Dreissigjährige Krieg oder der Österreichisch-Preußische Krieg von 1866 haben allerdings dazu geführt, dass das Marienbild außerhalb in geheimen Verstecken aufbewahr wurden. Ach ja, und einmal, im Jahre 1652, wurde sie sogar ohne Schreckensanlass für kurze Zeit ihrem Heimalort entrissen, als die Jesuiten sie für einige Zeit den Pragern im Klementinum zeigen wollten.

Die Redemptoristen bewohnen und verwalten das Kloster bis heute – mit einer Unterbrechung. 1950 führte die Kommunisten die berüchtigte Aktion K durch, die Enteignung der Klöster – wovon auf Svata Horá betroffen war. Als Kulturstätte war es noch zugänglich, wenngleich es etwas vernachlässigt wurde. An Krönungsfeiern war sowieso nicht zu denken. Als 1978 ein gewaltiges Feuer im Kloster ausbracht (dass gottlob Kirchnraum und Marienfigur aussparte) war es kein Wunder, dass bis heute viele Menschen die Staatssicherheit StB verdächtigen. Tatsächlich hatten allerdings einige kleine Jungs ein Lagerfeuer angezündet, dass sich rasend verbreitete. 300 Feuerwehrleute und viele Bürger, die mit Wassereimern freiwillig das Flammenmeer bekämpften, schafften es erst, nachdem das Dach des Klosters, die Propstei, der nördlichen Teil des Klosters, einschließlich des Uhrturms und die Türme der Kapellen samt vieler Deckgemälde zerstört ware.

Die Restaurierung, die 16 Millionen Tschechoslowakische Kronen kostete, wurde im Rekordtempo von nur vier Jahren bewältigt – rechtzeitig zum 250. Jubiläum der ersten Marienkrönung. Nur einige Teile, darunter das obere Segment der berühmten Treppe mussten noch bis 1993 warten. In dieser Zeit war bereits die Enteigung rückgängig gemacht worden. 1990 bekamen die Redemptoristen das Kloster zurück. Und zur Erinnerung der tapferen Feuerwehrleute von damals findet seit 2007 ein Wettbewerb statt, bei dem die Brandbekämpfer die gesamte Treppe (Höhenunterschied 80m) in voller Montur hinauflaufen müssen. Das ist auf jeden Fall ein gutes Training für den Ernstfall.

 

Selbst an normalen Werktagen außerhalb der Ferien herrscht auf dem Heilgen Berg reger Andrang von Wallfahrern und auch gewöhnlichen Touristen, die sich die umwerfende Barockpracht der Anlage nicht entgehen lassen wollen. Natürlich ist Svatá Hora seit dem Ende des Kalten Kriegs auch wieder vollends in das europäische Netzwerk von Pilgerrouten angebunden, wie etwa die nach Santiago de Compostela (dem Jakobsweg) und vor allen aus Bayern kommen regelmäßig unzählige Pilger. Am größten ist der Andrang natürlich bei der Zeremonie der Marienkrönung, das sein 1732 die Zuschauer immer wieder in den Bann zieht. (DD)

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