- Hans Weber
- November 1, 2024
Modern – oder wie man ein Stadtviertel wiederbelebt
Moderne Architektur kann auch schön sein. Das mag ein Gemeinplatz sein, der aber auf jeden Fall findet er bei diesem Gebäude seine Bestätigung: Dem großen Bürokomplex Masaryčka an der Na Florenci 2139/2-4, Ecke Havlíčková.
Irgendwie war es wohl in diesem Teil Prags so notwendig, dass hier städteplanerisch nur noch eine große Veränderung dem urbanen Missstand abhelfen konnte, dass man 2013 einen Wettbewerb ausschrieb, um die Gegend zu verschönern. Man befindet sich hier direkt in der Nähe des Masaryk-Bahnhof (Masarykovo nádraží), Prags ältester Bahnhof (1854), über den wir schon hier berichtet haben. Das eigentlich schöne Gebäude war umgeben von leicht verfallenen Hauser, die sich bis zum Busbahnhof Florenc hinzogen, und eigentlich schöne Stadtteile auseinanderriss. Im Ausfahrtbereich des Bahnhof befanden sich kaum genutzte alte und verfalle Industriegebäude, die längst der Aufpolierung bedurften.
Der noch nicht voll realisierte Plan umfasst u.a anderem eine Fußgängerbrücke über den Gleisbereich, wo in der Zukunft die Bahnindustrieanlagen als Standort eines Eisenbahnmuseums dienen werden. Das ist noch Zukunftsmusik, aber einen Vorgeschmack gibt das nunmehr fertiggestellte Bürogebäude Masaryčka (benannt natürlich nach dem nahen Bahnhof). Den Wettbewerb zur Revitalisierung des Areal hatte das in London basierte Architekturstudium Zaha Hadid Architects gewonnen. DIe Pläne wurde eingehend überprüft und im Jahre 2021 genehmigt. Die Revitalisierung des ganzen Areal wird noch ein wenig dauern, aber die kurze Bauzeit des Bürokomplexes, der schon 2023 fertiggestellt war, stimmt optimistisch.
Das Architekturstudie wurde von der aus Bagdad stammenden Architektin Zaha Hadid gegründet, die in den 1970er Jahren nach London auswanderte, wo sie ihre ersten großen architektonischen Erfolge feierte (und zur Dame geadelt wurde), ihr Architekturbüro gründete, um ab den 1980er Jahren verschiedene Lehraufträge anzunehmen, u.a. in Harvard. Ihre Entwürfe wurden weltweit gefagt, etwa in Berlin, Kopenhagen, London oder Peking. Das lag auch an dem einzigartigen Stil, den sie selbst „fließend“ nannte, und der stark von kinetischer Kunst beeinflusst wurde. Die Eleganz der Entwürfe hat die Gebaude mittlerweile zum zeitlosen Klassiker werden lassen.
Das von ihr gegründete Architekturstudie hat diese lebendige Tradition auch nach ihrem Tod 2016 weitergeführt und das überaus überzeugende Beispiel sieht man am Masaryčka-Gebäude. Form und Außengestaltung erinnern ein wenig an einen großen Schiffsrumpf. Schon die Größe ist beeindruckend. Insgesamt 26.900 qm Büroraum umfasst das Gebäude. Im Erdgeschoss sind einige Läden und viele, recht gute Restaurants, die auch gerne vom Publikum angenommen werden – ein erster Hinweis, dass das Revitalisierungsprojekt in dem vorher recht menschenleeren und öden Areal möglicherweise recht gut funkionieren könnte, wenn es einmal komplett fertiggestellt ist. Auf von weitem, wie im Bild rechts sichtbar, dass von erhöhten Rieger Park (Riegrovy sady) aufgenommen wurde, ist das Masaryčka ein Beispiel dafür, das großdimensionierte moderne Architekur in einer gewachsenen alten Stadt durchaus zur optischen Bereicherung dienen kann. (DD)
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