Nicht Josef, sondern der Kegel ist Namensgeber

Die Statue des Heiligen Josef mit dem kleinen Jesuskind, dessen (Zieh-) Vater er ist, fällt als erstes auf. Die barocke Statue thront erhaben in einer Ecknische auf Höhe des des ersten Stocks. Zum Namensgeber des Gebäudes hat es der gute Josef trotzdem nicht gebracht.

Denn das ist als Haus zu den Weißen Kegeln (dům U Bílé kuželky) bekannt. Und das kommt nicht von ungefähr. Das zweistöckige Haus in der Míšeňská 66/12 auf der Kleinseite nahe der Karlsbrücke wurde nämlich in den Jahren 1708 bis 1710 als eine Kneipe errichtet, die mit einer großen Kegelbahn ausgestattet war. Das war schon seit dem Mittelalter in Prag so etwas wie ein Volkssport. Erbaut wurde es nach den Plänen des bekannten Architekten Christoph Dientzenhofer, den wir schon u.a. hier und hier erwähnten für einen gewissen Franz Josef Scheiner, einem Gastwirt, der das Grundstück gekauft hatte. Der Architekt war berühmt und daher möglicherweise teuer. Scheiner zahlte für das Haus rund 4000 Goldmünzen, was so viel war, dass er 1714 das Haus wieder verkaufen musste. Eine Gaststätte (lange Zeit mit Kegelbetrieb) blieb es aber – bis heute. Sie ist bei Touristen in diesem besonders schönen Teil Prags sehr beliebt.

Der Heilige Josef an der Ecke ist ein Werk des berühmten Bildhauers und Schnitzers Ferdinand Geiger (wir erwähnten ihn bereits hier) und war möglicherwesie auch ein kostentreibender Faktor. Aber den Josef musste man wohl deutlich herausstellen, wenn man ausgerechnet an diesem Ort eine Kneipe bauen wollte. Schließlich hatte sich hier zuvor das Gebäude eines aufgelösten Klosters der Kapuziner befunden, das St. Josef hieß. Schaut man sich aber die Rocaille am Fuß des Josefs an, stößt man dort schnell auf den eigentlichen Kern der Sache – einen weißen Kegel. Der ist wohl das eigentliche Hausschild oder Markenzeichen des Gebäudes. Zumindest aber der Namensgeber.

Nicht nur der Josef plus Kegel machen das Haus zu einem Schmückstück des Barock. Man sollte andere Details, wie das hübsche Sandsteinportal, nicht übersehen. Die Fassade ist noch original erhalten. Im Innenbereich – vor allem beim Innenhof – wurden 1864 allerdings einige Renovierungs- und Umbaumaßnahmen im Stil des Klassizismus durchgeführt, die aber gut in den Ursprungsbau eingepasst wurden. 1994 kam es abermals zu kleineren Modernisierungen und einer umfangreicheren Renovierung. Eine Kegelbahn gab es da anscheinend schon seit langem nicht mehr. Am Ende hat vielleicht doch der Heilige Josef über das Kegeln gesiegt. (DD)

Source

Recent posts

See All
  • Hans Weber
  • October 18, 2024

A Czech “Catch me if you can” story!

  • Hans Weber
  • October 18, 2024

Vernissage at The Design Gallery: Celebrating the Art of Manuel Bonfanti under the Auspices of the Italian Embassy

  • Hans Weber
  • October 18, 2024

Celebrating 30 Years of Diplomatic Relations Between North Macedonia and the Czech Republic

Prague Forum Membership

Join us

Be part of building bridges and channels to engage all the international key voices and decision makers living in the Czech Republic.

Become a member

Prague Forum Membership

Join us

    Close