- Hans Weber
- November 1, 2024
Prager Baukunst von innen erleben
Am Wochenende vom 18. und 19. Mai besuchte unsere Landesbloggerin Maja das Open House Festival in Prag. Sie bekam Einblicke in Gebäude, von denen die Öffentlichkeit normalerweise ausgeschlossen ist, und konnte so einmal durch historische Bauwerke wandeln.
Die Möglichkeit, besondere Orte in der Hauptstadt einmal selbst von innen erleben zu können, sprach mich sofort an. Gebäude mit historischer Relevanz, die eigentlich unzugänglich sind, zu erkunden, ist ein großes Interesse von mir. Beim Open House Festival in Prag können Bewohner und Menschen von außerhalb sehen, was sich eigentlich hinter all den riesigen Türen zwischen Statuen in der Altstadt und anderswo befindet. Führungen in allen Gebäuden helfen dabei, die jeweilige Geschichte nachzuvollziehen.
Das erste Gebäude, das mir durch seine außergewöhnliche Architektur optisch ins Auge sprang, war der ARA-Palast. Das Gebäude sieht aus wie eine gigantische Vitrine. In den Jahren 1930/1931 ließ die die Firma „A. Und R. Amschellberg“ das Kaufhaus ARA errichten. Während des Sozialismus wurde es in Kaufhaus „Perla“ umbenannt, in dem Kleidung, Elektronik und andere Alltagsgüter ausgestellt und verkauft wurden. Bekannt ist der Palast für seinen funktionalistischen Stil, der Entwurf stammt von Milan Babuška. Nachdem noch während des Baus ein Brand das Gebäude erfasst hatte, baute man anschließend ein automatisches Feuerlöschsystem mit Sprinkleranlage ein. Mir sind vor allem die gebogenen Fenster in der Mitte aufgefallen, durch die man eine beeindruckende Aussicht auf die Altstadt hat.
Leere Kaufhäuser, die jetzt nicht mehr gebraucht werden, kommen leider immer häufiger vor. Vor allem in meiner Studienstadt Magdeburg gibt es einige ehemalige Einkaufszentren, die jetzt entweder leer stehen oder allmählich abgerissen werden. Es wird bei solchen Gebäuden oft überlegt, wie sie noch verwendet werden können. Hier war die Idee, den Ort als Bürogebäude zu nutzen, deswegen befindet sich heute das Coworking Center Hub Hub im ARA-Palast.
Ein Gebäude mit Geschichte
Nur durch eine verstaubte Glaskuppel sehe ich, was hier einmal war. Links eine Reihe an lichtarmen Restaurants mit offenen Türen, rechts eine eingezäunte weite Fläche mit vielen dünnen Säulen. Ausgerüstet mit Taschenlampen werde ich mit einer kleinen Gruppe durch die große Halle geführt. Früher wurden hier frisches Obst und Blumen verkauft, es war ein Ort, an dem sich Menschen regelmäßig trafen und ihre freie Zeit verbrachten.
Heute steht an seiner Stelle ein riesiger Raum mit prächtiger Eingangshalle mitten in der Prager Altstadt, der völlig leer steht und verschlossen ist. Der ehemalige Altstadtmarkt Staroměstská tržnice ist ein Ort mit viel Geschichte, er gilt als Kulturdenkmal. Da das Gebäude an sich aber immer noch sehr viel Potenzial hat, plant die Stadt eine umfangreiche Renovierung und sucht seit diesem Jahr Ideen zur Weiternutzung.
Leben in einem Palast
Da es langsam spät wurde, begab ich mich auf den Weg zu meinem letzten Ziel: dem luxuriösen Clam-Gallas-Palast. Der Palast schien besonders ansprechend für eine Menge an Besuchern zu sein, denn die Warteschlange füllte fast die gesamte Straße. Das liegt daran, dass das Gebäude bereits seit 300 Jahren besteht und Mozart und Beethoven einst hier Konzerte gaben. Zudem ist er für seine barocke Architektur bekannt. Als ich in den Innenhof kam, war ich sofort von der weißen Fassade beeindruckt. Durch die detaillierten Stuckarbeiten und die Gemälde an der Decke konnte ich mir lebhaft vorstellen, wie dort Bälle zu klassischer Musik in den geschmückten Sälen stattfanden. Der Guide erzählte von der privaten Bibliothek und wie die Bücher früher geordnet waren. Besonders interessant fand ich, dass die Bücher nicht nach Autor oder Genre organisiert waren, sondern nach ihrer Größe. Dementsprechend wurden auch die Regale speziell für die unterschiedlichen Buchgrößen gebaut. Heute ist das Gebäude im Besitz der Stadt Prag. Zwei Mal im Jahr findet dort ein barockes Festival statt.
Für mich waren nur die englischsprachigen Führungen von Interesse, doch auch das wurde von den Organisatoren berücksichtigt. Die zugehörige App Open House Praha machte es mir sehr einfach, zu erkennen, wie voll oder wie weit weg die Gebäude waren und welche Führungen gerade stattfanden. Nächstes Jahr im Sommer findet das Festival „Open House Prague“ erneut statt. Ich kann es jedem empfehlen, an der Veranstaltung teilzunehmen und ein paar Einblicke in verschiedene Gebäude und die Prager Architekturgeschichte zu bekommen.
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