Der deutsch-tschechische Handelsumsatz betrug im Jahr 2023 113 Milliarden Euro und sank im Vergleich zum Vorjahr um 1,761 %. Vorläufige Daten des deutschen Statistischen Bundesamtes zum Außenhandel 2023 zeigen, dass die tschechischen Exporte nach Deutschland nur leicht um 2,47 % wuchsen, während die deutschen Exporte nach Tschechien um 6,1 % zurückgingen.
„Dies ist ein wichtiges Warnsignal, dass sich die deutsch-tschechische Wirtschaft auf neue Geschäftsmodelle und auf eine höhere Wertschöpfung konzentrieren muss. Das automatische Wachstum, an das wir uns seit Jahren gewöhnt haben, ist zunächst vorbei”, sagt Bernard Bauer, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer (DTIHK).
Der Rückgang der deutschen Exporte ist bei weitem nicht auf die Tschechische Republik beschränkt: Die Ausfuhren aus Deutschland gingen weltweit um 1,4 % gegenüber dem Vorjahr zurück. 2023 war kein gutes Jahr für die deutsche Exportwirtschaft, fasst Carolin Herweg, Außenwirtschaftsexpertin der DIHK, die Entwicklung zusammen. „Eine geringe Nachfrage aus dem Ausland aufgrund hoher Inflationsraten und eines hohen Zinsniveaus sowie geopolitische Risiken sorgen im vergangenen Jahr für ein Minus bei den Warenausfuhren”, so Herweg.
Die Entwicklungen auf dem deutschen Markt haben einen großen Einfluss auf die wirtschaftliche Situation in Tschechien: Rund ein Drittel der tschechischen Exporte geht seit langem in die Bundesrepublik, und deutsche Unternehmen beschäftigen knapp eine halbe Million Menschen in Tschechien. Auch für die deutsche Seite ist die Verflechtung wichtig: Im Jahr 2023 war die Tschechische Republik gemessen am Handelsumsatz der zehntgrößte Handelspartner Deutschlands. Die Bilanz des bilateralen Handels bleibt für Tschechien weiterhin positiv. Tschechische Exporteure exportieren 2023 Waren im Wert von 60,6 Milliarden Euro nach Deutschland. Die Einfuhren aus Deutschland in die Tschechische Republik sanken auf 52,4 Mrd. Euro.
Das deutsch-tschechische Wirtschaftsmodell hat in den letzten 30 Jahren für einen beispiellosen Wohlstandszuwachs gesorgt und Jahr für Jahr neue Rekordzahlen hervorgebracht. Doch nun steht es von mehreren Seiten unter Druck, sei es durch den technologischen Wandel in Schlüsselbereichen wie Energie und Mobilität, die Verschärfung der EU-Klimaschutzstandards und der Lieferketten, aber auch durch den starken Protektionismus auf dem Weltmarkt. „Wir müssen die enormen EU-Fördermittel besser nutzen und mehr in Infrastruktur, Digitalisierung und Forschung und Entwicklung investieren. Dies wird auch ein Anstoß für neue Geschäftsmodelle sein”, fügt DTIHK-Chef Bauer hinzu.