Haus zu den zwei goldenen Sternen (dům U Dvou zlatých hvězd) – der Name ist nicht originell angesichts des weithin sichtbaren Hausschildes mit zwei sechsstrahligen goldenen Sternen, aber immerhin treffend. Die Adresse, Pohořelec 152/3, spricht für sich, denn hier findet man eine besonders hohe Dosis jener Barockarchitektur, die wir an jenem Haus so sehr bewundern können..
Pohořelec ist ein Platz in der Burgstadt (Hradčany), etwas oberhalb (westlich) des Burgplatzes.So heißt er wohl schon seit dem 14. Jahrhundert als die Burgstadt sich vergrößerte. Teils wohnte hier das ärmere Burgpersonal, aber in hohem Maße prägte auch das in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene Kloster Strahov (Strahovský klášter), über das hier berichteten, das Umfeld.Das Kloster besaß in diesem Areal am Pohořelec-Platz zahlreiche und wachsende Immobilien (ein Beispiel brachten wir hier). Pohořelec , das bedeutet auf Deutsch in etwa „zum Feuerplatz“. Feuer hat die Geschichte des Platzes geprägt und dem Feuer verdanken wir auf die barocke Fassade des Hauses 152/3. Schon im 11. Jahrhundert brannte eine damals hier existierende Marktsiedlung ab. Eine andere Brandkatastrophe im Jahre 1420 ist mit den Hussitenkriegen verbunden, und dass das große Feuer von 1541, das Burgstadt und Kleinseite verwüstete, diesen Platz nicht aussparte, versteht sich von selbst.
Und 1741 begann der Österreichische Erbfolgekrieg, in den sich die böhmische Königin Maria Theresia gegen Preußen, Bayern und Frankreich zu behaupten hatte. 1742 hatten vor allem die Franzosen kurz die Oberhand und marschierten hier ein, wobei sie sorgfältig darauf achteten, dass auch alles schön abgefackelt wurde. Im Juli des selben Jahres wurde Frieden geschlossen und die Franzosen zogen wieder ab. Das spätere Haus 152/3 wurde natürlich auch in Mitleidenschaft gezogen. Dessen Vorgeschichte ist wegen fehlender Archivbestände schwer erschließbar. Vor Mitte des 16. Jahrhunderts scheint hier eine leere Fläche gewesen zu sein, ab 1565 ist aber ein Wohnhaus nachweisbar zu sein. Im 17. Jahrhundert hatte eine Barockisierung begonnen und bei einem Umbau im frühen 18. Jahrhundert bekam es in etwa seinen heutigen Grundplan. Die hübsche Fassade, die heute so augenfällig ist, entstand aber erst ab 1742 – ein untrügliches Zeichen, dass es damals die Kriegsschäden zu beseitigen galt. Und es erklärt auch, warum fast alle Häuser auf dem Platz im zeitgenössischen Barockstil gehalten sind. Das gehörte damals einer gewissen Barbora Scioni, die es gerade geerbt hatte.
Über die Fassadengestaltung bzw. die verwendeten Symbole kann man nur rätseln. Das in der Mitte der beiden Zentralfenster im ersten Stock platzierte Kartusche mit einem Bild der Madonna mit Jesuskind ist nicht ungewöhnlich, da gerade in diesem klosternahen Stadtteil Madonnen als Hausschild sehr üblich waren. An der Fassade angebrachte Hausschilder dienten der Erleichterung des Auffinden von Häusern vor der Zeit der Hausnummern (wir erläuterten das hier). Ob die sehr frequente Darstellung der Madonna – es gibt schon an diesem Platz mehrere – dabei als Alleinstellungsmerkmal dienen konnte, kann man bezweifeln. Es entsprach aber der gegenreformatorischen Grundströmung, die zu dieser Zeit von den Habsburgern gefördert wurde.
Schwieriger ist es mit den beiden goldenen Sternen in Stuck, die man über den beiden Mittelfenstern des ersten Stocks findet. Auf den ersten Blick könnte man die beiden Sterne mit denen des Wappens des böhmischen Adelsgeschlechts Sternberk (Sternberg) verwechseln. Das besteht auch aus einem goldenen Stern auf blauem Grund. Immerhin hatten die Sternberks auch Immobilien in der Umgebung (beispiel hier). Allerdings ist der Stern dort achtstrahlig, hier am Haus jedoch sechsstrahlig. Möglicherweise hat man also dabei nur auf frühere Bezeichnungen des Hauses (im 16. Jahrhundert, als hier das ursprüngliche Haus gebaut wurde, hatten alle Häuser auffällige Namen) neu bildlich umgesetzt. Jedenfalls sind die beiden auffälligen Sterne für die Kennzeichnung des Hauses geeigneter als es die Madonna sein konnte.
Mit der Ausnahme, dass die schöne Fassade ihren Ursprung in Kriegsleid gehabt haben dürfte, verlief die Geschichte des Hauses fortan eher unspektakulär. 1869 wurde im Erdgeschoss eine moderne Bäckerei eingerichtet, wofür der bekannte Architekt JosefLiebl die Pläne lieferte. Die Bäckerei ist inzwischen verschwunden und das Gebäude ist wieder reines Wohnhaus. Spätere Umbauten im späten 19. Jahrhundert (etwa die Neugestaltung der Fenster im oberen Stock im passenden Stil des Neobarock), im Jahre 1938 und nach dem Ende des Kommunismus 1989 veränderten das Ganze äußerlich kaum. Draußen auf dem Platz mögen zwar die Touristen nur so vorbeiströmen, aber die wenigsten ahnen, dass sich hinter dem Haus ein großer Garten befindet, der seinen Besitzern eine Ruheoase verspricht. Hier lässt es sich wohl gut leben. (DD)