Prag ist voller architektonischer Perlen des Jugendstils. Der Ideenreichtum der Fassadengestaltung ist atembraubend. So zum Beispiel das vierstöckige Wohn und Mietshaus in der U Kanálky 1378/3 im Stadtteil Vinohrady.

Es handelt sich nicht um ein bekanntes Werk eines der großen Jugendstil-Architekten, wie etwa Osvald Polívka, den wir bereits u.a. hier, hier, hier, hier oder hier vorgestellt haben, oder Josef Fanta, der als Erbauer des Prager Hauptbahnhofs berühmt wurde (wir berichteten hier). Vielmehr zeigt es, wie auch „normale“ Wohnhäuser, die Teil eines größeren Stadtentwicklungsprojektes waren (wie es das im Aufbau begriffene Vinohrady damals noch war), mit einem hochwertigen künstlerischen Design ausgestattet wurden. Das Haus wurde im Jahre 1906 von den Architekten Jindřich Dahinter (wir erwähnten ihn hier) und Emanuel Lehký entworfen, wobei letzterer wohl auch der durchführende Bauunternehmer war.

Bei dem Haus in der U Kanálky besticht natürlich die thematische Konsistenz und ihre ansprechende künstlerische Umsetzung, die sich um die Themen von Sonne und Sonnenblumen dreht.

Der Jugendstil konnte und wollte seine Nähe zur Kunst des Symbolismus nicht verleugnen. Und auch hier dreht es sich um mystische Symbole, die aber recht fröhlich daherkommen.

Das ist zunächst einmal die Sonne, die Urquelle des Lichts und Erweckerin des Lebens, die wir oben am Giebel sehen können (großer Bild oben) und in einer noch etwas elaborierteren (fast an Kinderbuchillustrationen erinnernde) Form zweimal über den Fenstern des zweiten Stock (Bilder oberhalb). Und auf dem zentralen Erker des Hauses (Bild rechts) sieht man komplementär die Sonnenblume, die oft als ikonographisches Symbol für die Wärme der Sonne, aber auch vor allem die Liebe verwendet wird, weil sie sich stets treu nach der Sonne ausrichtet Beides, Sonne (etwa hier) und Sonnenblume (hier), finden sich auf Jugendstilfassaden recht häufig. Aber die Architekten haben die Idee besonders liebevoll gestaltet. (DD)

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