Steinmeier in Prag: “Müssen alles daran setzen, um friedliches Zusammenleben in Freiheit und Demokratie zu sichern”

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte am Montag und Dienstag die Tschechische Republik. Im Fokus der Reise standen das 20-jährige Jubiläum der EU-Osterweiterung, die deutsch-tschechische Zusammenarbeit sowie der 100. Todestag von Franz Kafka.

Mit höchsten militärischen Ehren wurde Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Montagnachmittag auf der Prager Burg von Tschechiens Präsident Petr Pavel empfangen. Mit ihm sprach Steinmeier über verschiedene Aspekte der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit als Partner in der Europäischen Union und in der NATO, wobei die beiden Präsidenten von sehr guten bilateralen Beziehungen sprachen. Steinmeier erinnerte an den Anlass seiner Reise: „Ich bin aus einem ganz besonderen Anlass gekommen. Wir feiern gemeinsam das 20-jährige Jubiläum der großen EU-Erweiterungsrunde von 2004, in der auch die Tschechische Republik beigetreten ist. Damals traten zehn mittel- und osteuropäische Staaten der EU bei. Sie ist damals von 15 auf 25 Mitglieder gewachsen und wir durften 75 Millionen neue EU-Bürgerinnen und -Bürger begrüßen.“ Tschechiens Präsident Petr Pavel erinnerte daran, dass sich die deutsch-tschechischen Beziehungen in diesen 20 Jahren bedeutend verbessert haben und die beiden Länder inzwischen wirtschaftlich, kulturell aber auch “zwischenmenschlich” eng verbunden seien.

Tschechiens Präsident Petr Pavel (links) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Gesprächen auf der Prager Burg. Foto: LE/ Eliška Kordová
Tschechiens Präsident Petr Pavel (links) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Gesprächen auf der Prager Burg. Foto: LE/ Eliška Kordová

Steinmeier: “Unterstützung für Ukraine darf nicht nachlassen”

Das Thema des Treffens waren aber auch der Umgang mit der von Russland angegriffenen Ukraine sowie weitere militärische Konflikte auf der Welt, etwa im Nahen Osten. Einig waren sich Steinmeier und Pavel vor allem bezüglich der Notwendigkeit, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Aggression weiter zu unterstützen und die militärischen Fähigkeiten der NATO weiter auszubauen. “Die Unterstützung der Ukraine darf jetzt nicht nachlassen”, so der Bundespräsident. Daneben sprachen Steinmeier und Pavel über die Zusammenarbeit in den Bereichen Energie und Cybersicherheit.“Ich bin sehr froh, dass wir bei einer ganzen Reihe von Problemen die gleichen Ansichten teilen”, sagte Tschechiens Präsident Pavel.

Anschließend besuchten die beiden Staatsoberhäupter das Gebäude der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität und gedachten gemeinsam der Opfer des Amoklaufs im vergangenen Dezember. Ein 24-jähriger Student hatte am 21. Dezember 14 Menschen getötet und weitere verletzt.

Konferenz: ’’20 Jahre Tschechien in der EU: Vision für ein erweitertes Europa’’ 

Ein zentraler Bestandteil von Steinmeiers Besuch war seine Teilnahme an der Konferenz “20 Jahre Tschechien in der EU: Vision für ein erweitertes Europa” am Dienstagvormittag im Spanischen Saal der Prager Burg. Gerade die russische Aggression in der Ukraine zeige, wie wichtig es sei, dass die Europäische Union und die NATO zusammenarbeiten, so Steinmeier in seiner Rede. “So stehen wir jetzt, 20 Jahre nach der größten Erweiterung unseres Bündnisses, erneut in einer historischen Situation, in der wir alles daran setzen müssen, unser Ziel des friedlichen Zusammenlebens in Freiheit und Demokratie zu sichern.”

In diesem Zusammenhang ging Steinmeier auch auf die mögliche künftige Erweiterung der EU ein: “Erneut stehen zehn Staaten gleichzeitig im Beitrittsprozess. Sie haben sich auf den Weg gemacht. Und eines ist klar: Da Putin seinen zerstörerischen Einfluss überall, wo er kann, aufrechterhalten wird, darf der Westbalkan nicht in einer geopolitischen Grauzone bleiben. Zu einem freien Europa und zu unserer Union, gehören die Staaten des Westbalkan, die Ukraine und Moldau.”

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seiner Rede im Spanischen Saal der Prager Burg. Foto: LE/ Eliška Kordová
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seiner Rede im Spanischen Saal der Prager Burg. Foto: LE/ Eliška Kordová

Im ersten Teil des Programms blickten die Rednerinnen und Redner auf die Vorteile und Herausforderungen zurück, die die Union für ihre Mitgliedstaaten mit sich brachte. Tschechiens Premierminister Petr Fiala (ODS) erklärte, die Europäische Union erlebe die erfolgreichste Zeit ihrer modernen Geschichte. Die Tschechische Republik werde sich weiterhin für die Nukleartechnologie, die Sicherheit und Stabilität Europas, die Stärkung der transatlantischen Beziehungen und die Erweiterung der EU einsetzen. Laut dem tschechischen Präsidenten Petr Pavel habe sich der Lebensstandard in der Tschechischen Republik in den 20 Jahren, in denen das Land der EU angehört, erheblich verbessert. Pavel verwies auf die unzähligen Projekte, die durch EU-Mittel realisiert werden konnten. Als noch immer bestehende Herausforderungen der EU nannte Pavel die Undurchsichtigkeit der europäischen Institutionen, unnötige Bürokratie und eine gewisse Schwerfälligkeit.

Der erste Teil des Programms wurde überraschend mit einer Videoansprache des ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj beendet. Er brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass der Traum vom Beitritt zur Europäischen Union für die Ukraine und die anderen Beitrittskandidaten Wirklichkeit wird. Mit der möglichen Erweiterung der EU in der Zukunft beschäftigte sich dann auch der zweite Teil des Programms. Zu den EU-Beitrittskandidaten zählen neben der Ukraine aktuell Moldau, Georgien und mehrere Balkan-Staaten. Die Redner auf der Konferenz waren sich einig, dass die Aufnahme neuer Länder in die EU unterstützt werden müsse, um die Stabilität des Kontinents zu erhalten.

Auf den Spuren Franz Kafkas

Im Anschluss an die Konferenz in der Prager Burg besuchte der Bundespräsident das Grab des tschechischen Journalisten und späteren Diplomaten František Černýs auf dem Vyšehrader Friedhof. Zu den weiteren Programmpunkten von Steinmeiers Besuch gehörten der Besuch des jüdischen Viertels und Orten im Zusammenhang mit Franz Kafka, dessen Todestag sich im Juni zum 100. Mal jährt, sowie die Teilnahme an einer musikalischen Darbietung im Rahmen des Programms “Musica non grata”. Das Projekt zu Ehren von Künstlerinnen und Künstlern, die in der Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, wird organisiert vom Prager Nationaltheater und finanziell unterstützt von der Deutschen Botschaft in Prag.

Vor seiner Rückreise nach Berlin traf Steinmeier in der Villa Kramař, dem Sitz der tschechischen Regierung – noch mit dem tschechischen Premierminister Petr Fiala zusammen. Mit Fiala sprach Steinmeier ebenfalls über die Unterstützung der Ukraine und die Situation im Gaza-Streifen sowie über die deutsch-tschechische Zusammenarbeit.

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