Und das Beste kommt noch!

In der Umgebung gibt es viele schöne Ausflugsziele für Spaziergänge. Und, wenn man es will, können sie alle hier enden: Bei der Brauerei Perron in Roztoky u Prahy, gleich hinter der nördlichen Stadtgrenze Prags am Ufer der Moldau. Und wenn man klug ist, will man auch. Wegen der tschechischen Braukunst vom Feinsten, die es hier gibt. Aber so richtig!

Perron, das ist sowohl im Tschechischen als auch im Deutschen ein altertümliches, aus dem Französischen kommendes Wort für Bahnsteig. Der ist nämlich nicht fern des Braubiergartens, der so günstig in der Nähe des kleinen schmucken Bahnhofs von Roztoky liegt, dass man nicht nur die gemächlich vorbeifahrenden Züge vom Biertisch beobachten kann (trainspotting, nennt man das heute), die die romantische Moldauroute entlangfahren, sondern auch gut und bequem zurück nach Prag kommt, wenn man zuviel des Guten zu sich genommen hat. Die Zugfahrt ist zudem äußerst günstig und schnell.

Aber fangen wir von vorne an. 2016 packte es den jungen Bierbegeisterten Pavel Šnajdr auf einmal und er beschloss für sich, ein „Heimbrauer“ mit einer kleinen Hausbrauerei zu werden, um – ohne vorherige Ausbildung als Brauer, aber mit Begeisterung – mit dem Brauen aller möglichen Biersorten zu experimentieren. Offensichtlich ein Naturtalent! Denn die 20 Liter pro Tag deckten bald nicht annähern die Nachfrage in der Umgebung. Ein 50-Liter-Equipment musste her. Die Qualität wurde besser und schließlich schloss er 2019 noch erfolgreich eine Ausbildung bei der Prager Beer Academy in Sachen Theorie der Bier- und Malzherstellung ab. In die Praxis der professionellen Bierbrauerei wurde er anschließend in der Prager Kunratický pivovar eingeführt und am Ende erwarb er noch ein europaweit gültiges Zertifikats als Brauer und Mälzer.

Als nunmehr auch vollprofessionell ausgebildetes Naturtalent gründete 2020 gründete er die Firma Pivovar Roztoky s.r.o., die seine Biere vertreiben sollte. Möglicherweise waren es die Covid-bedingten Beschränkungen, mit der die damalige Regierung gerade in dieser Zeit den Gaststättensektor gängelte, die erst einmal nur einen kleinen Start als eine sogenannte Fliegende Brauerei (Létající pivovar) ratsam zu machen schienen. Bei einer solchen „Brauerei“ schaffen sich begabte Bierbrauer keine teueren eigenen Apparaturen, etwa grosse Braukessel, an. Vielmehr nutzen sie Leerlaufzeiten existierender Brauereien, um dort (gegen vergleichsweise geringe Gebühr) ihre eigenen Bierrezepte realisieren zu können. Eine besonders originelle hatten wir schon hier vorgestellt.

Und man brauchte eine Braugaststätte. Auch hier galt das Motto, dass man sich gerade in schweren Zeiten nicht vorher finanziell überheben darf. In der bahnhofsnahen Nádražní 56/0 in Roztoky eröffnete man zunächst einen schicken offenen Biergarten. Der ist an schönen Tagen eine wahre Wucht. Das Ganze ist tiptop modern und auf lange Sicht angelegt. Es hat eine wunderbare Strandbar-Atmosphäre. Besonders junge Leute – aber nicht nur sie – fühlen sich hier sauwohl und lassen den hochwertigen Hopfensaft die Kehle hinunterlaufen und essen dazu moderne und originelle Braugaststättenkost. Vom wahrhaft exzellenten Bier gibt es frisch gezapft bis zu sechs unterschiedliche Sorten – vom traditionellem Hellen bis zum modischen Pale Ale. Das Angebot wechselt natürlich auch öfters.

D konstante Schaustück des Sortiments ist das Lager mit dem Stammwürzegehalt von 12°, dem man gleich den Namen „Cult“ gegeben hat, und das man oben im großen Bild sieht. Zurecht beschreibt Brauer Šnajdr die Sache auf der Website so: „Ich halte tschechisches Lagerbier (Ležák) schlichtweg für ein Phänomen, das für mich absolut unantastbar ist. Aus Respekt vor diesem Bier habe ich daher das Perron Cult 12, das ich zwei Jahre in meiner Hausbrauerei verbracht habe, als erstes auf den Markt gebracht. Dies ist ein klassisches tschechisches Lagerbier, das auf traditionelle Weise mit drei Maischen gebraut wird. Es ist die traditionellste und zugleich anspruchsvollste Art des Bierbrauens, die wir von unseren großen Braukunst-Vorvätern geerbt haben.“

Das ist alles schon super. Aber mit dem, was ist, gibt sich Šnajdr nicht zufrieden Natürlich nicht! Er will bald mit neuen Biersorten experimentieren, etwa das in Tschechien seltene Obergärige. Wer weiß, vielleicht gibt es hier bald sogar die Krönung des Biers im Angebot – ein süffiges Kölsch. Aber auch das mit dem nur im Sommer sinnvollen Biergarten und das mit der „fliegenden Brauerei“ werden nicht das letzte Wort sein. Denn längst wurde das zwischen Bahnhof und Biergarten liegende Gebäude einer ehemaligen Bahnhofsgaststätte erworben. Das ist arg baufällig und wird nun von Grund auf saniert. Das kann eine Weile dauern, bis das soweit ist, und solange wird die Außenwand zur Bahnhofseite noch als Werbefläche für den Biergarten benutzt. Doch bald soll hier eine vollumfängliche Braugaststätte mit allem Drum und Dran entstehen. Wenn man sieht, was Šnajdr schon mit minimalen Mitteln – „fliegende Brauerei“ mit Biergarten – auf die Beine kriegt, dann kann man es kaum noch erwarten, was da in Bälde an grandioser Bierkultur offeriert werden wird. Das Beste kommt noch! (DD)

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