- Hans Weber
- November 1, 2024
Vom Küsterhaus zum Politikertreff
Ein schönes Haus und auch noch nahe am Arbeitsplatz: Das Dům kostelníka (Küsterhaus) in der Štulcova 102/2 auf der mythenumrankten Burg Vyšehrad.
Der neogotische Stil des Hauses scheint dem der direkt gegenüber liegenden großen Basilika St. Paul und St. Peter (Bazilika svatého Petra a Pavla) angepasst zu sein. Ist er aber nicht, denn als der Architekt und Bauunternehmer Václav Sigmund 1886 baute, war die Basilika noch in ihrer alten Form als Barockkirche vorhanden. Der heute weithin sichtbare neogotische Kirche wurde erst 1903 errichtet. Sigmund selbst hat auch selten in einem historisierenden Stil gabaut, sondern war eher am Entwurf von eher recht modernen Wohnbauten interessiert (Beispiel hier).
Auffällig wird das Haus wegen einer Eckstatue, die Elisabeth von Böhmen (tschech.: Eliška Přemyslovna) darstellt, die hier am Vyšehrad im Jahre 1330 im Alter von 38 Jahren starb. Sie war die Gattin des ersten Luxemburger auf dem böhmischen Königsthron, Johann von Luxemburg, und vor allem Vater des bedeutenden deutschen Kaisers und böhmischen Königs Karl IV., dem Prag den Aufstieg zu einer Weltstadt verdankte. Das originelle Relief ist das Werk des Bildhauers und Medailleurs Lumír Šindelář, der hier viele mittelalterliche Motive in moderniserter Form verwendete. Die Gedenkplatte für Elisabeth von Böhmen wurde 1995 zum 665. Todestags hier angebracht.
Heute wohnt hier kein Küster mehr. Stattdessen befindet sich heute das Nobelrestaurant Rio’s, das im Rufe steht so eine Art geheimer Ort zu sein, in dem sich Politiker zu Absprachen treffen. So auch der damalige Gesundheitsminster Roman Prymula im Oktober 2020. Der zeichnete sich dadurch aus, dass er während der COVID-Epidemie extrem in die Freiheit eingreifende, überaus sprunghafte und teilweise von zweifelhaftem Erfolg gekrönte Maßnahmen beschloss. Ausgerechnet er traf sich hier mit Politikerkollegen – natürlich ohne Maske und Mengenbegrenzung. es gab einen Hinweis an die Presse und als Prymula das Rio’s verließ und zu seinem ebenfalls unmaskierten Chauffeur einstieg, erwartete in ein Blitzhagel von den Kameras der Photographen. Er musste kurz darauf zurücktreten. Er schien wohl von seinen eigenen Gesetzen nichts zu halten, wenn es um ihn ging. Die Bürger sahen es mit Genugtuung: Nach Tage danach so man vor dem Eingang des Rio’s Blumen liegen, um den Anlass zu feiern. (DD)
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