Zum 170. Todestag von Christian Andreas Doppler

Braust ein Feuerwehrwagen mit Sirene an einem vorbei, dann wird der Ton (der tatsächlich gleich bleibt) beim Herannahen als höher wahrgenommen als nach dem Vorbeifahren. Wiiiiieeeoouuuu! Das ist der sogenannte Doppler-Effekt. Erstmals erforscht hat ihn Christian Andreas Doppler, der heute vor 170 Jahren starb. Und der hatte seit 1835 in Prag gelehrt und gewirkt. Deshalb hat man auch stolz an dem Haus in der U obecního dvora 799/7 eine Gedenktafel zu seinen Ehren angebracht – und damit indirekt auch zu Ehren des damals in Blüte befindlichen Wissenschaftsstandorts Prag.

1835 wurde der gebürtige Salzburger, der sich bereits zuvor einen wissenschaftlichen Ruf erworben hatte, Professor für Arithmetik, Algebra und Geometrie an der Ständischen Realschule in Prag und lehrte kurz darauf im Polytechnischen Institut. 1840 wurde er in die renommierte Königliche Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften (der Vorläuferin der heutigen Akademie der Wissenschaften) berufen und dann, zwei Jahre später veröffentliche er das Werk, das ihn berühmt machen sollte: Über das farbige Licht der Doppelsterne und und einiger anderer Gestirne des Himmels. Das ist das Buch, indem er die Theorie des Doppler-Effekts darlegte. Nun fragt sich der heutige Laie: Das geht es doch gar nicht um hohe und tiefe Töne bei schnell vorbesausenden Fahrzeugen (oder gar Flugzeugen), sondern Licht bei Sternen. Für uns heute ist der Doppler-Effekte im Sinne eines akustischen Phänomens etwas leicht Erkennbares und wird eigentlich als etwas Normales aus der Alltagswahrnehmung empfunden. Man fragt sich, warum das nicht Dopplers Zugang zu dem nach ihm benannten Effekt war. Aber so schnelle Fortbewegungsmittel gab es 1842 nicht und somit handelte es sich für Doppler und seine Zeitgenossen nicht um eine gewöhnliche Alltagserfahrung. Bei astronomischen Studien hatte Doppler hingegen beobachtet, dass die stellaren Bewegungen die Lichtwellen irgendwie ähnliche Verschiebungen durchmachen (Blau-Rot-Töne). Das wurde bald mit gutem Grund bezweifelt, weil Sterne dafür zu langsam seien, aber die die Erfindung der Dampflok – das erste hinreichend schnelle Fahrzeug – ermöglichte ihm später, den nun zu Recht Doppler-Effekt genannten Effekt zu belegen.

Doppler konnte nun immer noch wissenschaftlich gültige Formeln entwickeln, wie bei hoher Gschwindigkeit die Schallwellen hinter dem sich bewegenden Objekt gedehnt und vor dem Objekt gestaucht werden, was den Tonhöhenunterschied hervorruft. Ob er gewusst hat, was er damit den Autofahrern antat. Denn aufgrund dieser Erkenntnis wurden für die Polizei jene Geräte für die Geschwindigkeitsmessung entwickelt, die dem Fahrer, der gerade so richtig Lust am Fahren bekommen hat, selbige wieder verderben. Wie dem auch sei: Der große Wissenschaftler fand 1848 die um ihn herum tobende Revolution irgendwie beunruhigend und ging wieder nach Österreich zurück, wo er umgehend zum Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften berufen wurde. 1850 wurde er Erster Direktor des Physikalischen Institutes an der Universität Wien, wo er Experimenatlphysik lehrte.Der international anerkannte und mit akademischen Ehren überhäufte Wissenschaftler stand auf dem Höhepunkt seiner Karriere.Dann, 1852, entwickelte er eine starke Lungenkrankheit. Wegen des günstigen Klimas fuhr er mit seiner Frau nach Venedig (damals zum österreichischen Kaiserreich gehörend), was aber am Ende nicht half. Am 17. März 1853 – heute vor 170 Jahren – starb er.

Dass das Werk, das ihn im übertragenen Sinne unsterblich sollte, in Prag entstanden war, ist unbezweifelbar. Und deshalb findet man an etlichen Orten Gedenktafeln. Die oben im großen Bild gezeigte Bronzetafel in der U obecního dvora 799/7 wurde im Jahr 2006 hier angebracht und ist das Werk der bekannten akademischen Bildhauerin Ellen Jilemnická. Unter dem Portraitrelief stehen auf Tschechisch und Deutsch die Worte: “ Von 1843-1847 wohnte in diesem Haus der Mathematiker und Physiker Christian Doppler * 1803 Salzburg † 1853 Venedig.“. Bei dem Haus, in er wohnte und an dem sich die Tafel befindet handelt es sich ein zweistöckiges Wohnhaus mit Mansarde im spätbarocken Stil aus dem Jahr 1779, das 1805 noch einmal vor allem innen ein wenig klassizistisch überarbeitet wurde, und das sich an der Stelle eines früheren mittelalterlichen Gebäudes befindet, von dem es noch Überbleibsel im Keller gibt. Auffallend sind die putzigen Maskaronen (Fratzengesichter) aus der Barockzeit über den Torbögen des Erdgeschosses (bild links).

Die Tafel am Haus wurde für künstlerisch so gelungen erachtet, dass im Jahr darauf am Christian Doppler Gymnasium (Gymnázium Christiana Dopplera) auf der Kleinseite (Zborovská 621/45 in Prag 5) eine neu gegossene Kopie angebracht wurde. Das Gymnasium, das nach vielen historisch begründeten Umbenennungen (zwischen 1953 und 1990 trug es sogar den Namen des Erzkommunisten und ersten Präsidenten der „DDR“ Wilhelm Pieck) 1999 nach Doppler benannt worden war, befindet sich in einem historistischen Gebäude aus dem Jahre 1896. Die Umbenennung geschah auf Initiative von Zdeněk Kluiber, der von 1990 bis 2004 Rektor der Schule war, und der als international renommierter Physikpädagoge das Gymansium stark in eine naturwissenschaftliche Ausrichtung prägte. Einen besseren Namenspartron als Doppler hätte er kaum finden können. Hier im Bild rechts die Außenansicht des Gymnasiums. Die Tafel ist leider drinnen und nicht so einfach zugänglich. Aber man weiß ja, wie sie aussieht, nämlich genau wie die in der U obecního dvora, deren Kopie sie ja ist.

Und dann gibt es noch ein Tafel zu Ehren Dopplers. In der U obecního dvora wohnte er ja erst ab 1843, aber in Prag lebte und wirkte er ja bereits ab 1835. In der Zwischenzeit wohnte er in einem Haus am nördlichen Ende des Karlsplatzes. Das wurde allerdings zu Beginn des 20. Jahrhunderts abgerissen, um dem heutigen Amtsgericht (Městský soud) der Neustadt – direkt an das Rathaus angebaut – Platz zu machen. Aber Doppler wollte man dabei nicht dem Vergessen anheimfallen lassen. Und wurde mit der Fertigstellung des historistischen Gebäudes 1903 auch eine Gedenktafel an der Fassade des Karlovo náměstí 6/20 angebracht, die aus weißem Marmor angefertigt wurde.Der ausführliche Text wurde sogar in vergoldeten Lettern verfasst: „In dem Haus Nr. 4-II, das an dieser Stelle stand, lebte und forschte, bevor er sein weltberühmtes Prinzip (1842) an der Technischen Universität veröffentlichte, auf dem die heutige Astrophysik basiert, der renommierte Gelehrte Kristian Doppler, Professor für Mathematik und praktische Geometrie. Er wurde 1803 in Salzburg geboren. Er starb 1854 in Venedig.“ Der Text ist übrigens ausschließlich in Tschechisch gehalten; sogar der Vorname wurde von Christian zu Kristian und der Geburtsort Salzburg in Solnohrad eintschechisiert. Darauf hat man bei der neuen Tafel in der U obecního dvora 2006 verzichtet.

Wo wir schon einmal beim Namen sind. Das gibt die Gelegenheit zu etlichen Korrekturen und zur Beseitigung von Missverständnissen. Die Schöpferin der Tafel von 2006 hat klugerweise und im Kern auch korrekt Doppler als Christian Doppler bezeichnet und den Mittelnamen (Andreas!) ausgelassen. In etlichen Darstellungen finden wir Doppler nämlich als Christian Johann Doppler. So hat ihn wohl ohne böse Absicht Dopplers deutscher Astronomenkollege Julius Scheiner in seinem bekanntesten Werk Die Photographie der Gestirne von 1897 genannt, was sich irgendwie bis heute festgesetzt hat, aber inkorrekt ist: Christian Andreas Doppler hieß er! Zudem kursiert in manchen Websites (etwa hier und hier), dass Ellen Jilemnickás Tafel von 2006 am Gebäude in der U obecního dvora 798/5 angebracht sei, also dem unmittelbaren Nachbarhaus. Das hat sich dann auf die Mehrheit der entsprechenden Websites übertragen. Es ist also definitiv Haus 799/7. Die Verwirrung wird komplett, weil man an Haus 798/5 eine Tafel zu Ehren des böhmischen Malers Josef Mánes angebracht hat, der in diesem Haus 1820 geboren wurde. Auf der Bronzetafel steht aber, dass er sich aber in 799/7 gebar – also dem Haus, in dem Doppler wohnte. Was falsch ist. Aber wenn erst einmal die falsche Ziffer in Metall gegossen ist, lässt sich das nicht mehr ändern.

Also noch einmal: Mánes wurde in Nr. 798/5 geboren – was immer auch auf der Tafel steht. Doppler lebte in Nr. 799/7 – was immer auch im Internet steht. Und sein Mittelname war Andreas. Jetzt ist alles richtiggestellt. Und man kann sich wieder in Rihe daran erinnern, dass dies heute der Todestag eines der ganz großen Wissenschaftler ist, die in Prag wirkten. (DD)

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