Zwei Spitzenmuseen auf der Burg

Es gibt zwei Museen auf der Prager Burg, die man unbedingt gesehen haben muss: Erstens: Die Schatzkammer des Doms (Svatovítský poklad, was eigentlich so viel bedeutet wie: Der Schatz des Heiligen Veit). Zweitens: Die Dauerausstellung Die Geschichte der Prager Burg (Příběh Pražského hradu).

Nur schade für denjenigen, der darüber einen Beitrag schreiben will, dass drinnen das Photographieren strikt verboten ist. Aber die Tatsache, dass das Photoangebot dieses Beitrags suboptimal ist, sollte vielleicht gerade den Leser animieren, die beiden Museen zu besuchen. Beginnen wir mit der Schatzkammer. Die befindet sich auf dem zweiten Burghof in der barocken Kapelle des Heiligen Kreuzes (Kaple svatého Kříže), die in den Jahren 1756 bis 1767 vom Architekten Anselmo Lurago (über den wir u.a. hier und hier berichteten) an der Stelle gebaut, wo sich im Mittelalter die Krönungsküche Karls IV. befand. In den Jahren 1852 bis 1856 wurde sie im Stil des Klassizismus umgebaut, der das Äußere noch heute prägt. Dabei wurden 1854 die im Bild links zu sehenden Statuen des Heiligen Nepomuk (links) und des Heiligen Petrus (rechts) in Nischen der Fassade angebracht, die ein Werk des Bildhauers Emanuel Max sind. Zwischen 1918 und 1924 gestaltete der Dombaumeister Kamil Hilbert (den wir hier erwähnten) das Innere im historistischen (neo-barocken) Stil um.

Als Kapelle fungiert das Gebäude schon länger nicht mehr. Zwischen 1961 und 1989 diente es als Ausstellungsort für den Domschatz – wie heute. 1990 änderte man dies, indem man hier ein Informationszentrum für Besucher einrichtete. Aber seit 2012 befindet sich hier wieder die Domschatzkammer, die für die Öffentlichkeit besichtigt werden kann. Nun ja, der Veitsdom (Katedrála sv. Víta ), über den wir schon hier berichteten, steht schon irgendwie seit dem 10. Jahrhundert hier und bildete stets als Krönungskirche das klerikale Zentrum Böhmens. Ungeheuere Reichtümer wurden hier angehäuft, die selbst durch kleinere Plünderungen – etwa während der Hussitenkriege im 15. Jahrhundert – kaum gravierend gemindert wurden. Die ganze Ausstellung ist eine Studie in kirchlicher Prachtentfaltung. Vom bischöflichen Gewand bis zur goildenen Monstranz – alles, was man in einem solchen Museum erwarten kann, ist hier in Hülle und Fülle. Und auch die Reliquien (die besonders Karl IV. mit Begeisterung sammelte) dürften nicht fehlen. So kann man denn auch den Arm des für den Dom namengebenden Heiligen Veit (auch: Vitus) bewundern. Nur der Arm, aber immerhin… Der restliche Heilige wurde im Mittelalter stückweise auf dem Markt für Reliquien verteilt, so dass man auch außerhalb Prags in vielen Orten Europas Körperteile von ihm bewundern kann (wir bericheten hier). Ein beeindruckendes Stück Geschichte ist es, das man hier sehen kann.

Das gilt genauso, wenn nicht noch mehr für die Dauerausstellung über die Geschichte der Burg. Sie befindet sich in den Kellergewölben unterhalb des Alten Königspalasts in der Burg (unser Bericht hier). Sie wurde im Jahr 2004 hier eröffnet und ist somit museumsdidaktisch auf neuem Stand. Die Tatsache, dass man sich in mittelalterlichen Gewölben befindet, und dass man darunter (heute sichtbar freigelegt!) archäologische Reste der ersten steineren Burg aus dem 10. Jahrhundert sehen und bewundern kann, trägt zu einer authentischen Atmosphäre bei.

Unterstützt von multimedialer Technik erfährt man hier alles über Entstehung und Entwicklung der Burg, aber auch über Einzelaspekte der Geschichte. Dazu gehört die Baugeschichte bis ins 20. Jahrhundert. Wer weiß zum Beispiel, dass der erste Präsident der Tschechoslowakischen Republik, Tomáš Garrigue Masaryk, auf dem Burggelände eine Tankstelle für seinen Dienstwagen bauen ließ, die aber zur Freude der Denkmalschützer inzwischen wieder verschwunden ist. Andere Aspekte beziehen sich auf Heilige Patrone, Wohnkultur oder Tafelfreuden in der Burg. Der sensationellste Teil hat etwas mit den Königsgräbern des Veitsdoms zu tun, die inzwischen exhumiert und erforscht sind. Dabei hat man die Grabgewänder der böhmischen Königinnen und Könige gebirgen. Und so kann man in der Ausstellung eine der weltweit wohl großartigsten Sammlungen originaler mittelalterlicher Textilien bewundern! Sensationell! Daneben fand man in den Gräbern noch andere Preziosen. Etwa die Grabkrone von König König Otakar II., der beinahe deutscher Kaiser geworden wäre, und später (genauer: 1278) im Kampf gegen seinen Rivalen Rudolf von Habsburg in der Schlacht auf dem Marchfeld fiel. Wie die aussieht, kann man gottlob photographisch erfassen, da sie die Fenster neben dem Eingang als Bild schmückt (Bild oberhalb rechts).

Wichtig – gerade bei diesem Museum: Man sollte sich viel Zeit nehmen für den Besuch! Und sich ein vorher ein wenig in die böhmische Geschichte einlesen, da man hier schon mit recht viel Information konfrontiert wird, die nicht jedermann in den richtigen historischen Kontext stellen kann. Man kann die Ausstellung aber auch bei einem ersten Besuch ein wenig auf sich wirken lassen, um dann den ausgezeichneten und ausführlichen Katalog zur Ausstellung zu studieren. Und dann noch einmal die Ausstellung besuchern. Kann man sowieso nicht oft genug tun. Denn zusammen mit dem Domschatz handelt es sich um das beste Geschichtsmuseum, das man in Prag finden kann. (DD)

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